Hände einbetoniert

Lobau-Camp ist geräumt: Insgesamt 25 Festnahmen

Klima & Umwelt
05.04.2022 15:16

Die Räumung des zweiten großen LobauBleibt-Protestcamps in laut Polizei Wien ist am Dienstag gegen 14.30 Uhr abgeschlossen worden. Insgesamt wurden 25 Personen festgenommen. Mehr als 400 Polizisten standen im Einsatz - darunter WEGA-Beamte, die mittels Kran angekettete Aktivisten auch von den Protesthütten geholt haben (siehe Videos oben und im Text). Einige Demo-Teilnehmer hatten sogar ihre Hände einbetoniert. Noch am Dienstag soll mit den Bauarbeiten der Asfinag begonnen werden.

Laut Polizeisprecherin Barbara Gass rechneten die Einsatzkräfte im Vorfeld mit etwa 15 bis 20 Demonstranten „im Aktionsraum“, es sei aufgrund der vielen Bauwerke und Höhlen aber schwer, eine genaue Schätzung abzugeben. Eine Sprecherin der Aktivisten sprach von rund 50 Teilnehmern vor Ort. Nach „Krone“-Informationen trafen dann mit Beginn des Polizeieinsatzes weitere Aktivisten und Unterstützer ein.

Ihnen standen mehr als 400 Beamte - unter anderem eben die WEGA - gegenüber, die neben dem eigentlichen Einsatz das Gelände weiträumig absperrte, um zu verhindern, dass weitere Personen auf die besetzte Baustelle gelangen. Nach Abschluss der Räumung meldete die Polizei insgesamt 25 Festnahmen - durchwegs wegen Verwaltungsübertretungen, wie Polizeisprecherin Gass bekannt gab. 

Aktivisten teils an Händen einbetoniert
Nach „Krone“-Infos waren auch Drohnen sowie die Hundestaffel im Einsatz. Aktivisten wurden einer nach dem anderen vom Gelände getragen, einige der Protestierenden wurden sogar per Kran von WEGA-Beamten von den Protesthütten geholt, wo sie sich angekettet hatten. „Zwei Personen befinden sich in einem Erdloch und sind jeweils mit einer Hand einbetoniert“, schrieb die Exekutive via Twitter. Sie mussten von den Beamten befreit werden.

Ein Aktivist wird von Polizeibeamten abgeführt. (Bild: APA/TOBIAS STEINMAURER)
Ein Aktivist wird von Polizeibeamten abgeführt.

Auf dem Gelände hatten die Protestierenden nicht nur Holzhütten errichtet, sondern auch Erdhöhlen gegraben. Letzteres erschwerte das Vorgehen der Polizei. Es war zunächst völlig unklar, wie viele Aktivisten sich in Erdhöhlen vergraben hatten. Diese zu entfernen gestaltete sich insofern schwierig, als mit äußerster Vorsicht vorgegangen werden musste, da im Falle zu starker Erschütterungen die Gefahr bestand, dass das Erdreich nachgab. Es wurde daher teils händisch nach Protestierenden gegraben, auch Bauarbeiter unterstützen die Exekutive. Zwei Personen wurden zuletzt mithilfe eines Baggers aus einem Erdloch geholt. „Die Situation war nicht ungefährlich“, berichtete „LobauBleibt“-Sprecherin Anna Kontriner.

Aktivisten: „LobauBleibt ist unräumbar“
Der Bereich war großräumig gesperrt, auch die Abfahrt Hirschstetten wurde am Vormittag abgeriegelt. Ein Hubschrauber umkreiste das Camp, dessen Bewohner seit sieben Monaten gegen den Bau der Stadtstraße protestieren. Die Aktivisten sprachen auf Twitter davon, dass LobauBleibt „unräumbar“ sei, auch wenn „heute die Besetzung brutal aufgelöst wird“. Kritik an der Aktion gab es auch von Fridays for Future und Global 2000.

Weitere Baustelle besetzt
„Der Widerstand ist ungebrochen“, so „LobauBleibt“-Sprecherin Kontriner. Mehrere Dutzend Aktivisten hätten mittlerweile eine unweit des geräumten Camps gelegene Baustelle in der Anfanggasse besetzt, teilte Kontriner mit. Die Polizei konnte das vorerst nicht bestätigen. Laut Kontriner befänden sich 100 Aktivisten auf dem Gelände, eine ehemalige Wiese, die planiert wurde. Durch polizeiliche Einsatzkräfte wurde diese Blockade am Ende ebenfalls aufgelöst.

Mahdalik erfreut über „Putztag“, fordert weitere Räumung
Der FPÖ-Verkehrssprecher im Wiener Rathaus, Toni Mahdalik, hingegen zeigte sich „hocherfreut über diesen Putztag, auch auf dieser Baustelle“. Er fordert gegenüber der „Krone“ auch die Räumung des dritten Protestcamps. Dieses, ein paar Hundert Meter weiter, in der Anfanggasse, gelegene Camp, befindet sich auf einer Grünfläche und ist das einzige legal angemeldete Protestcamp.

Sima: „Handelt sich um Asfinag-Baustelle, daran hat sich nichts geändert“
In einer Aussendung der Asfinag als Grundstückseigentümerin heißt es, man müsse die Bautätigkeit bei der A23-Anschlussstelle Hirschstetten fortsetzen. Die Polizei sei „um Unterstützung ersucht“ worden, im Fokus stünden die Deeskalation sowie „ein respektvoller Umgang mit den Aktivistinnen und Aktivisten“. Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) betonte, es handle sich bei dem Grundstück um eine Baustelle der Asfinag, „und daran hat sich nichts geändert“.

Asfinag will noch heute Bautätigkeit fortsetzen
Noch am Dienstag sollen die Bauarbeiten aufgenommen werden, Grund dafür seien „vertragliche Verpflichtungen gegenüber der Stadt Wien“. Den Protestierenden versprach man, dass die errichteten Bauwerke händisch abgetragen würden, „um eine möglichst hohe Wiederverwertbarkeit der Materialien zu gewährleisten. Lebensmittel und andere Utensilien im Eigentum der Aktivisten werden eingesammelt, verpackt und danach bereitgestellt“, so die Asfinag.

Aus dem zuständigen Ministerium hieß es gegenüber der „Krone“, man bedaure, dass es aufgrund von vertraglichen Verpflichtungen zu einer Räumung kommen musste. Die einzige Instanz, die dies verhindern hätte können, sei die Stadt Wien gewesen, indem sie das Projekt Stadtstraße überdenke.

Videos der Räumungsaktion von einem „Krone“-Leserreporter:

„Fataler Schritt in die falsche Richtung“
Die Aktivisten von LobauBleibt übten scharfe Kritik an der Räumungaktion: „Zahlreiche Menschen, die den Ort des friedlichen Protests nicht freiwillig den Baggern und Planierwalzen überlassen wollen, sollen in Kürze aus ihren Hütten und Zelten geholt werden“, hieß es in einer Aussendung. Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) wolle mit dem Bau der Stadtautobahn Fakten schaffen, um den Lobautunnel doch noch durchzusetzen. „In Zeiten von fossilem Krieg und Klimakrise wäre das ein fataler Schritt in die falsche Richtung.“

Für den Abend kündigten Fridays for Future, Extinction Rebellion und die LobauBleibt-Bewegung einen Protest vor der SPÖ-Zentrale in der Löwelstraße an.

Schon seit Tagen Gerüchte über Räumung
Gerüchte über eine bevorstehende Räumung machten bereits seit Tagen die Runde. Eine Sprecherin der Asfinag dementierte in der Vorwoche auf Anfrage der „Krone“ solche Pläne noch - man setze weiterhin auf Dialog mit den Aktivisten -, nun aber wird gegen die besetzte Baustelle ebenso vorgegangen wie gegen die neben der U2-Station Hausfeldstraße Anfang Februar. Umgeleitet sind derzeit die Buslinien 22A sowie 87A, die Dauer der Umleitung ist nicht abzusehen.

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