Im ÖVP-Untersuchungsausschuss ist am Donnerstag der Leiter der Gruppe Recht in der Präsidentschaftskanzlei von Alexander Van der Bellen, Georg Frölichsthal, befragt worden. Bei dem Juristen lag die inhaltliche Verantwortung über die vom VfGH angeordnete Exekution der Aktenlieferung im damals von Gernot Blümel (ÖVP) geführten Finanzministerium im Ibiza-Ausschuss. Diesen bis dato einmaligen Vorgang beschrieb er als herausfordernd: „Es war eine riesige weiße Landkarte vor uns.“
„Wir hätten in viele Richtungen gehen und auch falsch abbiegen können“, so der Jurist. Eines der Grundprobleme sei gewesen, „dass wir nicht gesehen haben, was geliefert wurde und was nicht“, erklärte Frölichsthal: „Es war für uns wie eine Blackbox.“
Eines der Grundprobleme ist gewesen, dass wir nicht gesehen haben, was geliefert wurde und was nicht.
Georg Frölichsthal, Leiter der Gruppe Recht in der Präsidentschaftskanzlei von Alexander Van der Bellen
Ab Ende April habe man begonnen, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, dass eine Exekution drohen könnte. „Das war ein bisher einmaliger Vorgang.“ Dann habe er zunächst geschaut, ob es einen vergleichbaren Vorakt gebe, bzw. die Literatur durchforstet. Gefunden habe man jedoch nichts.
Ärger wegen „Geheimniskrämerei“
Zu etlichen Fragen, darunter zur Meinungsbildung in der Präsidentschaftskanzlei, wollte der Beamte nur in vertraulicher Sitzung Auskunft geben, da der Großteil der Akten in Stufe zwei (vertraulich) geliefert wurde und er sich an die Klassifizierung gebunden sehe. SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer zeigte sich darüber irritiert: „Ich verstehe diese Geheimniskrämerei gar nicht. Ich weiß nicht, welches Geheimnis man da verraten könnte.“
Geladen hatte den Juristen die ÖVP, da er sich angeblich skeptisch bezüglich der Exekution im Finanzministerium wegen nicht erfolgter Aktenlieferungen an den Ibiza-Untersuchungsausschuss geäußert hatte. Während die anderen Fraktionen keinen wesentlichen Erkenntnisgewinn aus der Befragung erwarteten, wie sie vor der Befragung klarmachten, wollte die ÖVP die Rolle der Präsidentschaftskanzlei bei der Aktenlieferung hinterfragen und der Frage nachgehen, ob sie politisch instrumentalisiert worden ist, so ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger.
Nach rund eineinhalb Stunden medienöffentlicher Befragung wechselten die Abgeordneten mit der Auskunftsperson in einen vertraulichen Teil der Sitzung, da Frölichsthal - wie angekündigt - über bestimmte Inhalte nur dort sprechen wollte.
„Anwalt der Republik“ geladen
Nach Frölichsthal ist mit dem Leiter der Finanzprokurator, Wolfgang Peschorn, der „Anwalt der Republik“ geladen. Die Opposition erhofft sich vom ehemaligen Innenminister Erkenntnisse zu diversen Ermittlungen - etwa im Ibiza-Verfahren oder zu Vorgängen im Finanzministerium. Peschorn war auch Vermittler des Finanzministeriums, was Aktenlieferungen an den Ibiza-Untersuchungsausschuss angeht.
Wie SPÖ-Fraktionsführer Krainer ausführte, war Peschorn Innenminister während der „Schredder-Affäre“ und am Beginn der Kalamitäten zwischen der „Soko Tape“ und der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Außerdem war er in den Bericht der internen Revision im Finanzministerium zur Umfragenaffäre sowie bei der Nichtlieferung der Daten an den U-Ausschuss involviert. Die FPÖ interessiert dabei etwa, welcher Schaden der Republik durch das sogenannte Beinschab-Tool entstanden ist und ob es auch Überprüfungen in den anderen Ressorts gegeben habe, wie FPÖ-Abgeordneter Christian Ries betonte.
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