Nehammer in Russland

Kickl handzahm: Kanzler-Vermittlung „zu begrüßen“

Politik
11.04.2022 11:58

Während er die Reise von Karl Nehammer in die Ukraine am Samstag noch scharf kritisiert hatte, gibt sich FPÖ-Chef Herbert Kickl über das anstehende Treffen des Kanzlers beim russischen Präsidenten Wladimir Putin überraschend handzahm. „Wenn Nehammer jetzt die Rolle eines Brückenbauers zwischen der Ukraine und Russland im Sinne der österreichischen Neutralität erkannt hat, so ist das zu begrüßen“, so der blaue Frontmann. Ganz ohne Kritik am Kanzler ging es am Montag dann aber doch nicht ... 

Kickl stößt sich in einer Aussendung vor allem an der Performance Nehammers in den vergangenen Wochen. „Diese war nicht wirklich eine konstruktive Vorleistung. Der Kanzler hat leider bereits sehr viel an Porzellan zerschlagen.“

Nehammer „unter Zugzwang“
Denn durch seine Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und dem Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko sowie durch eine Vielzahl von „undifferenzierten Stellungnahmen und Aktivitäten“ habe sich Nehammer als Bundeskanzler eines neutralen Landes in gewisser Weise selbst unter Zugzwang gebracht, was nun den persönlichen Besuch in Moskau betrifft. „Es ist zu hoffen, dass Nehammer bestens vorbereitet und nicht Hals über Kopf in das Gespräch mit Putin geht, damit nicht weiterer Schaden für Österreich entsteht“, so Kickl.

Zitat Icon

Es Ist zu hoffen, dass Nehammer bestens vorbereitet und nicht Hals über Kopf in das Gespräch mit Putin geht, damit nicht weiterer Schaden für Österreich entsteht.

FPÖ-Chef Herbert Kickl

Kickl pocht auf Sicherstellung der Energieversorgung Österreichs
Von enormer Wichtigkeit für die Österreicher sei jedenfalls die Sicherstellung der Energieversorgung unseres Landes nach den „Harakiri-Sanktionen“ der letzten Zeit. „Dazu bedarf es allerdings eines Ausscherens aus den immer realer werdenden Boykottüberlegungen der EU“, so Kickl weiter.

„Im Interesse von Frieden und Sicherheit in Europa sowie der Rettung der Energiesicherheit und damit des Wohlstands auch in Österreich ist zu hoffen, dass der Besuch Teil einer nachhaltigen Lösung und nicht Teil eines Inszenierungsspektakels zu wessen Image-Nutzen auch immer wird. Die Gefahr, von jeder der beiden Seiten für die eigene Propaganda eingespannt zu werden, ist groß“, warnte der FPÖ-Obmann.

Und fügte hinzu: „Wenn der Besuch nachhaltig etwas bringen soll, dann muss Nehammer seine bisherige Linie, die Neutralität als erstens aufgezwungen und zweitens nur militärisch darzustellen, grundlegend ändern“, forderte der FPÖ-Obmann.

Grüne zurückhaltend bis kritisch
Bei seinem Koalitionspartner - den Grünen - löst Nehammer mit seinem Treffen keine Begeisterung aus. Vorausgesetzt, die Reise sei mit der EU abgestimmt, „könnte es einen Versuch wert sein“, reagierte Vizekanzler Werner Kogler am Montag zurückhaltend. Deutlich kritischer äußerte sich die Abgeordnete Ernst-Dziedzic auf Twitter: „Nein, ich kann einen Besuch beim Putin nicht gutheißen“, ließ sie wissen. „Das hat mit Diplomatie nichts zu tun. Das ist auch kein akkordierter Fahrplan für Verhandlungen. Putin wird das für seine Propaganda nutzen“, fürchtet Ernst-Dziedzic.

SPÖ skeptisch
Skeptisch gab sich auch die SPÖ. „Dialog zu führen und mit allen im Gespräch zu sein, ist wichtig, aber genauso wichtig ist auch, ein klar definiertes Ziel für dieses Gespräch mit Putin zu haben und innerhalb der EU gut abgestimmt zu sein“, meinte SPÖ-Europasprecher und Vizeklubchef Jörg Leichtfried am Montag. „Ich hoffe, dass diese Abstimmung mit den EU-Partnern auch erfolgt ist. Der gemeinsame europäische Weg darf jedenfalls nicht verlassen werden und dem Kanzler ist hoffentlich bewusst, dass das Risiko auch für den außenpolitischen Ruf Österreichs hoch ist“, warnte Leichtfried. „Am Ende des Tages zählt, welches Ergebnis bei diesem Gespräch herauskommt.“

Der Besuch Nehammers beim russischen Präsidenten dürfe nicht dazu führen, dass Österreich den gemeinsamen europäischen Weg verlässt, kommentierte Sonntagabend die NEOS-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger in einer Aussendung. „Insgesamt besteht die Sorge, dass das Treffen Putin letztlich mehr nutzt als der Ukraine. Schließlich kam es schon vor, dass sich Österreichs Politiker vor den russischen Propaganda-Karren spannen ließen“, erklärte sie.

Russland-Experte mit scharfer Kritik
In der „ZiB 2“ am Sonntagabend hatte der Russland-Experte Gerhard Mangott von der Uni Innsbruck harsche Kritik an der Visite Nehammers in Moskau geübt: „Ich halte diesen Besuch für keine kluge Entscheidung.“ Auf einen Brückenbauer habe in der EU niemand gewartet, die Osteuropäer kritisierten diesen Schritt bereits scharf, meinte Mangott. Russlands Präsident Putin habe die Macht über die Bilder dieses Besuches und werde diese zu nutzen wissen, warnte er. Nehammer werde Putin Bilder verschaffen, die sagen: „Ich bin nicht isoliert, es gibt Länder im Westen, die mit uns kooperieren.“

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele
Vorteilswelt