Für die Errichtung des neuen Europäischen Stabilitätsmechanismus, der nach dem Willen der EU-Finanzminister ab Mitte 2013 den bisherigen Euro-Rettungsschirm permanent ersetzen soll, muss der Artikel 136 des Lissabon-Vertrages geändert werden. Den Umstand, dass die Regierung Faymann dafür eine Zweidrittelmehrheit im österreichischen Nationalrat braucht, wollen die Grünen nützen, um den Regierungsparteien - und damit der EU - ihre Bedingungen für eine Zustimmung zum ESM-Vertragswerk zu diktieren.
Dazu gehört vor allem die Festschreibung eines geordneten Ausgleichsverfahrens für Staaten, damit künftig im Falle einer Staatsinsolvenz auch private Gläubiger zur Kasse gebeten werden, erklärte Grünen-Finanzssprecher Werner Kogler (im Bild links neben Alexander Van der Bellen vor dem Hauptausschuss des Nationalrats am Mittwochvormittag im Parlament in Wien).
Grüne sind einzige Mehrheitsbeschaffer für Regierung
Dass für die Änderung des Artikels 136 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union eine Zweidrittelmehrheit im Parlament notwendig sei, sei in österreichisches Unikum, erklärte Kogler am Dienstagabend. Dadurch würden die Grünen zum Zünglein an der Waage, "denn die beiden Rechtsparteien (FPÖ und BZÖ, Anm.) wollen sich auf keinen Fall irgendwie beteiligen".
Anders sehe das bei den Grünen aus, die für Kogler "die pro-europäischste Partei in Europa" sind, aber im zukünftigen europäischen Stabilitätsmechanismus ESM konkret und verbindlich festgeschrieben haben wollen, dass bei Rettungspaketen private Gläubiger verpflichtend zu beteiligen sind, "damit endlich die Finanzinstitutionen, die zuvor exorbitant hohe Zinsen kassiert haben, das damit verbundene Risiko auch selbst tragen".
Konkret bedeutet das laut Kogler ein geordnetes Ausgleichsverfahren auch mit Staaten, mit der Konsequenz, dass auch andere (O-Ton Kogler: "Banken und Spekulanten"), die "an den hohen Zinsen gecasht" hätten, die Last mit tragen müssten. Von einer "freiwilligen" Beteiligung sei da keine Rede mehr, betonte Kogler.
Grüne wollen auch, dass Eurobonds eingeführt werden
Als zweite Bedingung für ihre Zustimmung verlangen die Grünen die Einführung von europäischen Staatsanleihen (genannt Eurobonds), mit dem Ziel, die Zinsen für Kredite "in der Summe des Euroraumes" billiger zu machen, und damit auch für hoch verschuldete Länder. Auch diese Forderung - wie jene nach Insolvenzverfahren für Staaten - hatten die Grünen bereits vor Monaten erhoben. Durch die Einführung von Eurobonds würden Kredite für Triple-A-Länder wie Österreich allerdings "eine Spur teurer werden", räumte Kogler ein. "Aber das hat ja auch der Jean-Claude Juncker vorgeschlagen, das ist nicht auf unserem Mist gewachsen."
Die österreichische Regierung habe noch die Möglichkeit, beim ESM "Nachschärfungen" zu verlangen, sagte Kogler. Die Zustimmung der Grünen hänge ganz von der Erfüllung der genannten Bedingungen ab. "Das Match ist offen." Eine offizielle Replik aus SPÖ und ÖVP gab es bis Mittwochvormittag zunächst nicht.
FPÖ fordert Regierung zu "Veto in Brüssel" auf
Vonseiten der FPÖ kam am Mittwoch erneut Protest gegen den ESM. Parteichef Heinz-Christian Strache forderte Faymann und "sein ÖVP-Beiwagerl Spindelegger" dazu auf, in Brüssel "ein österreichisches Veto gegen den endgültigen Beschluss des permanenten Euro-Rettungsschirms" einzulegen, "um weiteren Schaden von Österreich abzuwenden". Der Euro-Rettungsschirm bedeute "die endgültige Einführung einer Transferunion, in der die leistungsstarken Länder, wie Österreich, dauerhaft dazu verdammt werden, ihre wohlverdienten Steuereuros den maroden Staaten und den dahinterstehenden Gläubigern zu schenken", wetterte Strache. Erneut forderte er das Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone und die "Schaffung einer Hartwährungsunion".
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