Neues Gesetzespaket

ÖVP-Ministerinnen wollen die volle Anti-Terror-Härte

Österreich
22.06.2011 12:25
Nach den Verhaftungen mutmaßlicher Austro-Taliban in Wien wittert die ÖVP offenbar ein geeignetes Klima für einen erneuten Vorstoß zu strengeren Anti-Terror-Gesetzen. An den Regierungspartner trägt die Volkspartei dabei großteils jene umstrittenen Vorschläge heran, die schon in der Vergangenenheit abgelehnt wurden. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Justizministerin Beatrix Karl wollen u.a. die Gutheißung des Jihads ("Heiliger Krieg") bzw. eines Terrorakts oder auch den Besitz von Unterlagen zur terroristischen Straftat machen. Bei Datenschützern wird das schwarze Anti-Terror-Paket anecken.

Lächelnd posierten die beiden Ministerinnen am Mittwoch nach einer gemeinsamen Pressekonferenz mit ihrem frisch geschnürten Paket gegen den Terrorismus. Befüllt wurde es bis dato aber erst von der ÖVP, deren Ministerinnen "vier Säulen" für die Terrorismus-Prävention präsentierten und nun mit der SPÖ darüber verhandeln wollen.

Vermengt werden dabei die unterschiedlichen Ansätze bestehender Anti-Terror-Gesetze anderer Länder, allen voran der USA und Großbritannien. Während z.B. die Vereinigten Staaten nach dem 11. September die Befugnisse der Behörden zum "Ausspionieren" Verdächtiger erweiterten, setzten britische Gesetzgeber auf eine Verschärfung der Verdachts- und Straftatbestände.

Wer vor 30 Leuten den Jihad gutheißt, ist ein Terrorist
Justizministerin Karls Entwurf für eine Änderung des Strafgesetzes basiert auf dem 2010 geplanten Terrorismuspräventionspaket, das damals nicht komplett beschlossen wurde. Die damals kontroversiell diskutierten Punkte wurden jetzt unverändert übernommen. Kritiker, auch beim Koalitionspartner SPÖ, hatten in den Plänen eine Gefahr für die Grundrechte gesehen. Nachdem jüngst vier Terrorverdächtige am Flughafen Wien aufgegriffen wurden, die auf dem Weg in ein Terrorcamp gewesen sein sollen, unternimmt Karl nun einen neuen Anlauf. Als "terroristische Straftat" soll demnach künftig schon die öffentliche Aufforderung zu einer solchen bzw. das Gutheißen gelten.

Was "öffentlich" ist, werde neu geregelt, so Karl: Bisher hätte als Richtwert eine "qualifizierte Öffentlichkeit" von rund 150 Personen gegolten, nun werde dies in Anlehnung an das Verbotsgesetz mit 30 Personen definiert. Man hoffe so, "Hasspredigern das Handwerk legen zu können", sagte die Justizministerin. Außerdem wird das Veröffentlichen einer "Anleitung zur Begehung" einer solchen Tat mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe bedroht. Und auch wer sich solche Informationen (z.B. zum Bau einer Bombe) beschafft, macht sich strafbar. Auch der Tatbestand der Verhetzung wird präzisiert.

Grundrechtliche Bedenken hofft Karl ausräumen zu können, denn die Strafbarkeit setze den Entschluss voraus, Terror "emotionell nahezulegen". Es komme immer auf den Kontext an, Medien etwa müssten sicher nicht a priori befürchten, in ihrer Berichterstattung über Terrorismus mit einem Bein im Kriminal zu landen.

Mikl: "Datenschutz darf nicht zu Terrorismusschutz werden"
Gesetzesänderungen in Bezug auf Behördenbefugnisse plant indes Innenministerin Mikl-Leitner. Im Sicherheitspolizeigesetz soll den Behörden erlaubt werden, Informationen ausländischer Nachrichtendienste mit allfälligen Ergebnissen von Ermittlungen im Inland oder Internetinfos zu verknüpfen. Derzeit sei dies nur bei einer konkreten Bedrohungslage in Österreich der Fall, heißt es im Innenministerium. Um allfälligen Datenschutzbedenken vorzubeugen, verwies Mikl-Leitner umgehend auf den Rechtsschutzbeauftragten zum Schutz personenbezogener Daten. Und Daten, die zu keinen Ermittlungsergebnis führen, würden umgehend gelöscht. Allerdings hielt sie fest: "Datenschutz darf nicht zu Terrorismusschutz werden."

Die Innenministerin plant weiters ein "Investitionspaket" in Ermittlungstechnologie. Zehn Millionen Euro sollen "in den nächsten Jahren" unter anderem für neue Telefonüberwachungsanlagen für alle Sicherheitsbehörden ausgegeben werden, außerdem erhält der Verfassungsschutz "200 EDV-Geräte und Software". Weitere Anschaffungen sind vorgesehen, aus Sicherheitsgründen wird aber nicht gesagt, um welches Gerät es sich handelt.

"Kulturdialog" mit muslimischen Bürgern
Und schließlich will Mikl-Leitner, deren Ressort bekanntlich auch die Integrationsagenden samt Staatssekretär Sebastian Kurz beherbergt, einen "Kulturdialog" und im "Kampf" gegen radikale Gruppierungen verstärkt mit der islamischen Glaubensgemeinschaft kooperieren. Ein erstes Treffen dazu habe es bereits gegeben. 

Es gelte, Vorurteile der Bevölkerung gegen muslimische Mitbürger abzubauen und die Religionsfreiheit zu betonen. Radikale Minderheiten dürften nicht die "Mehrheit der islamischen Gläubigen in Misskredit" bringen. Bei rund 600.000 Muslimen in Österreich schätzt man die Zahl "Radikaler" auf einen "dreistelligen Bereich".

Paket soll bis Ende 2011 umgesetzt werden
Die Ziele der beiden Ministerinnen: Bis Ende des Jahres soll dieses Paket umgesetzt sein. Zuerst gelte es aber, das Paket mit dem Koalitionspartner SPÖ zu verhandeln. Dies soll in den nächsten Tagen und Wochen geschehen, kündigten Karl und Mikl-Leitner an.

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