Zu mild und zu sonnig: Der heurige steirische Winter war im Vergleich zu den letzten 30 Jahren deutlich wärmer. Insekten vermehren sich besser, vor allem langfristig gesehen.
Milliarden von ihnen wohnen im Winter in unseren Kellern, unter der Erde, in unseren Gärten oder in Höhlen: Österreichweit versuchen 40.000 Arten von Insekten ihren Nachwuchs im Winter in Form von Eiern und Puppen an geschützten Orten zu sichern.
Wie viele und welche überleben, hängt stark von den Temperaturen und vom Wetter ab. Schon der Herbst entscheidet: „Da das Sommerhalbjahr länger gedauert hat, haben manche Arten eine Generation mehr an Eiern gelegt“, erklärt der steirische Naturschutz-Präsident Johannes Gepp. Bei Wespen und Hornissen bedeutet das etwa 50-mal so viele wie sonst. „Wegen natürlicher Verluste bleiben aber nur 10- bis 20-mal so viele übrig, die sich im Winter dann in der Erde verkriechen.“ Ähnlich ist es bei Stechmücken, die Keller oder Höhlen bevorzugen.
Schnee und Minusgrade sind maßgebend
Das alleine entscheidet aber noch nicht, ob unser Schlaf im nächsten Sommer von lautem Surren oder Juckreiz gestört wird. Wesentlich ist auch der Winter: In höheren Lagen sind Insekten unter Schnee gut geschützt. Gepp: „Dort fällt die Temperatur im Boden kaum unter 10 ° C Minus.“ Bis jetzt sei das der Fall gewesen. Heimische Arten kommen aber auch mit Frost zurecht. Eingeschleppte Arten hätten damit hingegen ihre Probleme. Gibt es in Niederungen wenig Schnee, werden jene dezimiert.
Der heurige Winter war jedoch sehr mild. 450 Sonnenstunden und nur einen Eistag gab es in Graz in der Zeit von Dezember bis Februar. „Im Schnitt sind es 310 Sonnenstunden und 15 Tage mit andauernden Temperaturen unter null Grad“, sagt Meteorologe Christian Pehsl. Vor allem tiefe Regionen in der Steiermark waren betroffen. Aber auch in Aigen im Ennstal waren es anstatt 30 nur acht solcher Eistage. „Ein Eistag macht gar nichts. Da sind nur die oberen Zentimeter gefroren“, weiß der Naturschutz-Präsident. „Es müsste schon 14 Tage sehr kalt sein, dass es den Insekten etwas anhaben kann.“
Heuer hat Gepp schon besonders viele Zitronenfalter, Hummeln und Eintagsfliegen in der Steiermark bemerkt. „Viele waren heuer relativ früh aktiv.“ Dass Schmetterlinge, wie schon in Jahren zuvor, wegen Spätfrost noch erfroren sind, hält er für eher unwahrscheinlich: „Weil die Blattentfaltung schon stattgefunden hat.“ Im Wald schützt das etwa vor starkem Temperaturabfall.
Immer mehr ausländische Arten kommen zu uns
Eingeschleppte Arten seien Gepp heuer noch nicht überdurchschnittlich viele untergekommen. Der Trend zeigt aber, dass ob des warmen Wetters Mittelmeerarten jedes Jahr Stück für Stück in den Norden wandern. „Etwa der Maiswurzelbohrer oder eben Mücken“, nennt Gepp zwei Beispiele. Aber auch immer mehr südostasiatische und amerikanische Arten finde man in unseren Breiten. Die Folge eines warmen Winters: „Sie überleben, vermehren sich um ein Vielfaches mehr als heimische Arten, und verdrängen sie dadurch.“
Auch heuer könnten Insekten in gewissen steirischen Regionen nichts Gutes für heimische Bauern bedeuten. Diese werden auch betroffen sein, wenn heimische Schädlinge langfristig von Zuwanderern verdrängt werden. Dann könnte es auch jeder Einzelne gesundheitlich zu spüren bekommen: „Neue Stechmücken könnten schwerwiegende Krankheiten hervorrufen.“ Die Asiatische Tigermücke, die bei uns schon vorkommt, überträgt etwa die Tropenkrankheit Dengue-Fieber.
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