Rechnungshof-Bericht

Hoher Reformbedarf im steirischen Sozialbereich

Steiermark
29.04.2022 11:34

Rund 400 Millionen Euro gibt das Land Steiermark im Jahr für Leistungen im Sozialbereich aus. Doch wie genau dieses Geld ausgegeben wird, kann offenbar nicht immer klar nachgewiesen werden. Diesen Schluss zumindest zieht der Rechnungshof in seinem neuen Bericht. In der Kritik stehen vor allem die Sozialhilfeverbände.

Im Zeitraum von 2015 bis 2019 hat der Rechnugshof sich die Finanzierung des Sozialbereichs in der Steiermark ganz genau angeschaut und dabei große Problemfelder entdeckt. Sie alle hängen mehr oder weniger mit der Struktur der Sozialhilfeverbände zusammen, die immerhin gut 40 Prozent der finanziellen Mittel verwalten und wesentliche Aufgaben im Sozialbereich wahrnehmen.

In jedem politischen Bezirk des Landes (mit Ausnahme von Graz) bilden alle jeweiligen Gemeinden einen derartigen Sozialhilfeverband, der (am Papier) die Finanzmittel für Sozialleistungen zu vereinnahmen, verrechnen und auszuzahlen hat. Dazu gehört vor allem die Sozialhilfe, die Bedarfsorientierte Mindestsicherung, die Unterstützung für Menschen mit Behinderung, die Kinder- und Jugendhilfe und Gelder für Leistungen zum Schutz vor Gewalt für Frauen und Minderjährige.

Unklarheit der Aufgabenverteilung
Doch der Rechnungshof kritisiert, dass die Aufgaben der Sozialhilfeverbände meist nur schwer von jenen der Bezirkshautpmannschaften zu trennen sind. Am Beispiel des Murtals hat der Bericht die Misere aufgeschlüsselt: Die Bezirkshauptmannschaft Murtal ist zugleich auch die Geschäftsstelle des Sozialhilfeverbandes Murtal. Zur Zeit der Prüfung des Rechnungshofes nahmen 20 Bedienstete des Sozialreferats der BH in unterschiedlichem Ausmaß die Aufgaben des Sozialhilfeverbandes wahr. Eine klare Trennung und Zuordnung der Aufgaben war nicht möglich. Zudem wurden teilweise finanzielle Sonderleistungen gewährt, ohne die dafür nötigen Verbandsversammlungen abzuhalten.

(Bild: Gerhard Seybert)

Geschäftsordnungen nicht gesetzeskonform
Ein Blick in die Geschäftsordungen der elf Sozialverbänden zeigte zudem auf, dass ihre Organe zu Aufgaben ermächtigt waren, für die sie gesetzlich nicht zuständig waren. „Weil gesetzeskonforme Geschäftsordnungen fehlten und keine Verbandskassiere bestellt waren, war die Ordnungsmäßigkeit der Verwaltung durch die Sozialhilfeverbände nicht durchgängig sichergestellt“, so der Rechnungshofbericht.

Der Rechnungshof stellte zudem fest, dass die finanziellen Mittel, die das Land Steiermark den Sozialhilfeverbänden zur Verfügung stellt, regelmäßig nicht für das ganze Jahr ausreichten. Daher sei die Zweckmäßigkeit der Sozialhilfeverbände generell zu hinterfragen: Die Organisation im Sozialbereich in der Steiermark sollte darauf abzielen, die Aufgaben effizient und rechtmäßig wahrzunehmen. Aufgaben sollten klar zugeordnet werden“, so die Empfehlung des Berichts.

Land plant Auflösung der Sozialhilfeverbände
Seitens des Landes ist man sich des Problems bewusst, wie man in einer Aussendung bestätigt: Das System der Sozialhilfeverbände „hat sich zwar über Jahre grundsätzlich bewährt, in der jüngeren Vergangenheit hat sich aber ebenfalls gezeigt, dass strukturelle Verbesserungen notwendig sind.“

Bereits vor Monaten haben man diesbezüglich einen Reformprozess gestartet: „Eine Arbeitsgruppe der hauptbeteiligten Stellen der Landesverwaltung hat bereits mehrere intensive Arbeitstreffen, unter anderem mit Vertretern des Städte- und Gemeindebundes sowie der Sozialhilfeverbände, absolviert. Als Ergebnis wurde dabei ein Konzept für eine Neuordnung ausgearbeitet, mit der die Kritikpunkte des Rechnungshofes aufgegriffen werden und gemeinsam mit den Gemeinden eine zukunftsfähige neue Lösung erreicht werden wird.“

Die dazu notwendigen gesetzlichen Maßnahmen sollen im Herbst 2022 in den Landtag Steiermark eingebracht werden. Ziel ist die Auflösung der Sozialhilfeverbände mit 1. Jänner 2024.

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