Eine mögliche Extrasteuer auf Gewinne aufgrund hoher Energiepreise drückten die Börsewerte von Verbund und EVN gleich um 5,4 Milliarden Euro und wecken Kritik an willkürlichen Eingriffen. Italien und Griechenland machen diese jedoch.
Die Ankündigung von Kanzler Karl Nehammer (ÖVP), zu prüfen, wie besonders große Gewinne von Unternehmen mit Staatsbeteiligung umgehend den Steuerzahlern zugutekommen sollen, schlägt hohe Wellen. Zusätzliche Verunsicherung löste aus, dass er auch gleich Privatisierungen an sich infrage stellte. Staatliches Krisenmanagement sei dadurch schwieriger geworden.
Als erste Folge sackte sofort der Börsenkurs der Hauptbetroffenen Verbund um bis zu 13 Prozent, jener der EVN um gut neun Prozent ab. Ihr Firmenwert fiel dadurch um 5,4 Milliarden Euro. Von Industriellenvereinigung bis Aktienforum wurden die Pläne entsprechend scharf kritisiert. Solch ein Eingriff in die Marktwirtschaft sei ein falsches Signal und schädige die Rechtssicherheit. Investoren seien verschreckt, dabei würden gerade die Energieunternehmen Milliardenkredite vom privaten Kapitalmarkt für die Energiewende benötigen.
Offen sind zudem rechtliche Fragen, etwa, ob so eine Gewinnabschöpfung nur für Betriebe mit öffentlicher Beteiligung verfassungsmäßig halten könnte oder Ungleichbehandlung wäre. Aussichtsreicher wäre wohl der Weg, von den betroffenen Firmen eine Sonderdividende zu verlangen. Beim Verbund ginge das wohl, denn er gehört zu 51 Prozent der Republik (25 Prozent halten EVN und Wien Energie, fünf Prozent die Tiwag).
OMV mit Gesetz „einfangen“
Der Staat könnte somit bei der nächsten Aktionärsversammlung mehr Geld verlangen, der Beschluss wäre im Normalfall für heuer jedoch erst 2023 rückwirkend möglich. In den letzten beiden Jahren zahlte der Verbund in Summe rund 1,2 Milliarden Euro an seine Aktionäre aus. Heuer rechnet der Konzern mit einem Gewinnsprung auf zwei Milliarden Euro. Wohl nur mit einem Gesetz „einfangen“ könnte man die OMV, da sie nur zu 31,5 Prozent in Staatsbesitz ist.
Insgesamt dürfte Europas Energiebranche heuer 200 Milliarden Euro Extragewinn erzielen, schätzt die Internationale Energieagentur. Italien kündigte daher bereits eine Sondersteuer darauf an, und Griechenland verlangt konkret 90 Prozent jener Gewinne, die über dem Schnitt der letzten Jahre liegen.
SPÖ: „Schuldeingeständnis der ÖVP“
Mit teils harscher Kritik antworten die Oppositionsparteien SPÖ, FPÖ und NEOS auf die Kanzler-Idee. Die SPÖ unterstützt zwar das Vorhaben und drängt darauf, ein Paket vorzulegen, um Überschussgewinne von in der Krise profitierenden Unternehmen abzuschöpfen und zweckgewidmet für soziale Ausgleichsmaßnahmen umzuverteilen. Industriesprecher Rainer Wimmer interpretiert die Aussagen Nehammers allerdings als „Schuldeingeständnis der ÖVP“ hinsichtlich der in den letzten Jahrzehnten vorangetriebenen Privatisierungen.
FPÖ: „Nehammer hat Staatseigentum beschädigt“
FPÖ-Chef Herbert Kickl verweist darauf, dass es kein neues Gesetz brauche. „Anstatt sich am Leid der Bürger zu bereichern, könnten die Regierung und alle Landesregierungen die Dividendengewinne aus allen Unternehmen mit Staats- bzw. Landesbeteiligungen zur Unterstützung der Menschen gegen den Wohlstandsverlust einsetzen“, so Kickl. Mit seiner Inkompetenz habe Nehammer lediglich Staatseigentum beschädigt, sagte er.
NEOS: „Nehammer kann am 1. Mai mitmarschieren“
Die NEOS halten die Regierung angesichts der Debatte für „vollkommen überfordert“. Wirtschaftssprecher Gerald Loacker hält nichts von der Idee und meint, „wenn Nehammer auf diesen Positionen verharrt, dann kann er sich überlegen, nächstes Jahr am 1. Mai mitzumarschieren“.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.