Bundeskanzler Karl Nehammer wird am Nachmittag in Graz zum ÖVP-Parteichef gekürt. Es gibt schlechte Umfragen. Die Schatten der Vergangenheit sind präsent.
Nordkorea lässt grüßen, entfleuchte es bösen Zungen im August 2021. Knapp 100 Prozent Zustimmung für Sebastian Kurz beim Parteitag. Der Heilsbringer ist kurz danach weg. Und doch ist er wieder da. Irgendwie. In Interviews und heute beim Parteitag in Graz. Die große Frage: Was hat er vor? Es sagt: Nichts, was nur irgendwie nach Comeback riechen könnte. Für manche ein bitterer Beigeschmack. Eine Rede wird der einstige Heilsbringer nicht darbringen dürfen. Ein Interview schon.
Die Bühne gehört der Zukunft, auch wenn diese 15 Jahre älter ist als der Vorvorgänger. Karl Nehammer wird versuchen, seiner Partei Profil mit programmatischen Ansagen zu verabreichen. Dies müsse er auch tun, sagt die Politologin Katrin Stainer-Hämmerle.
Nehammer braucht für die Symbolik definitiv ein gutes Ergebnis. Sein Glück: Lichtgestalten gibt es auch bei der Konkurrenz keine.
Politikprofessorin Katrin Stainer-Hämmerle
Der talentierte Herr Kurz hatte zu besten Zeiten Umfragewerte von 40 Prozent, seine Partei lag bei bis 37 Prozent. Davon kann der brave Parteisoldat Nehammer nur träumen (Aktuelles zur „Sonntagsfrage“ siehe Grafik unten) Auch in der Kanzlerfrage keine lichten Höhen in Sicht. Andere Demoskopen sehen ähnliche Tendenzen.
Chancen und Gefahren für den neuen ÖVP-Chef
Nehammer kämpft mit den türkisen Schatten. Korruption, Ausschuss, alles mitten in Corona- und Ukraine-Krise. Man traut ihm Emanzipation zu. Stainer-Hämmerle: „Mit den neuen Regierungsmitgliedern hätte man nicht gerechnet.“ Die seien auch anerkannte Experten, assistiert Christoph Haselmayer, Leiter des Instituts für Demoskopie und Datenanalyse. Er sieht „die ÖVP zuletzt dennoch konstant deutlich hinter der SPÖ“.
ÖVP fällt immer deutlicher hinter SPÖ zurück
Zwischen 22 und 24 Prozent der Wählerinnen und Wähler würden die ÖVP derzeit laut Haselmayer an einem fiktiven kommenden Wahlsonntag wählen, ein deutlicher Absturz seit dem letzten Nationalratswahlergebnis. 27 bis 28 Prozent würden den Sozialdemokraten ihre Stimme geben.
Leute haben „die Schnauze voll“ von Kurz
Sebastian Kurz? „Von ihm haben laut unseren Umfragen die Leute die Schnauze voll.“ Politikexperte Peter Hajek sieht dies ähnlich, dennoch ist er vorsichtig. Sollte sich die Ära Nehammer als desaströs herausstellen und sich die juristischen Vorwürfe gegen Kurz als haltlos herausstellen, dann müsse man mit allem rechnen. „Aber da gibt es noch zu viele Eventualitäten.“
Wenn Kurz beim Parteitag Nehammer die Schanze bereite, „dann kann der bis zum K-Punkt fliegen“. Zumindest auf dem Parteitag. Zudem könne der Kanzler auf Erfolge wie das Pflegepaket verweisen. Anderes wie Teuerung und Klima bleiben mitunter Baustellen.
Bombastische Zustimmung auf dem Parteitag wäre wichtig
Etwa der Sidestep nach links bei Gewinnabschöpfung von Energiekonzernen. Und nicht zu unterschätzen - die Umfragen. Die „rote Gefahr“ wird größer. Eine bombastische Zustimmung auf dem Parteitag wäre laut Stainer-Hämmerle, Hajek und Haselmayer wichtig. Für Zusammenhalt. Für Symbolik.
„Alles unter 90 Prozent Zustimmung wäre blamabel“
Besonders wichtig in der Politik. „Alles unter 90 Prozent Zustimmung wäre blamabel.“ Karl Nehammer will Mutinjektionen verabreichen. Dringend benötigt. Vielleicht wirkt es. Mit Verzagtheit wird man Verunsicherung sicher nicht besiegen können.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.