„So viele in so einem kleinen Raum heißt auch: So viele Viren, aber jetzt kümmert es uns nicht mehr! Schön, dass ihr da seid!“ Das hat Karl Nehammer beim Grazer ÖVP-Parteitag Samstag ins jubelnde Publikum gerufen, mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Die wohl im Überschwang getätigte Aussage sorgt nun für heftige Empörung.
Denn beim Parteitag gab es für die rund 1000 Teilnehmer keine Covid-Regeln, woanders kümmern die Coronaviren aber sehr wohl noch, im Supermarkt, dem öffentlichen Verkehr und in manchen Berufen gilt noch immer Maskenpflicht: „Wie müssen sich Angestellte im Pflege- und Gesundheitsbereich fühlen, wenn sie die Worte des Bundeskanzlers hören?“, fragte daher der niederösterreichische SPÖ-Chef Franz Schnabl auf Twitter. Für diese sei Nehammers Sager „ein Schlag ins Gesicht der Sonderklasse“ und „absolut unwürdig“ erklärte er.
„Prinzipiell ist das ja eine vernünftige Einstellung“, erklärte FPÖ-Chef Herbert Kickl zur Virus-Aussage des Kanzlers. Dass aber 1000 Menschen stundenlang in einer kleinen Halle kein Corona-Risiko seien, der Einkauf im Supermarkt dagegen schon, sei aber „ein absoluter Witz und durch nichts zu rechtfertigen“. Kickl sah den Viren-Sager als willkommene Gelegenheit, die „Bevormundung und Schikanierung“ der Bevölkerung in Österreich zu beenden und gleich alle Corona-Maßnahmen aufzuheben. Regierungschef Nehammer solle den Gesundheitsminister darüber informieren, „dass Corona vorbei“ sei, so der FPÖ-Chef in einer Aussendung.
„Viele kommen sich verarscht vor“
„Spürt sich der Kanzler eigentlich noch?“, fragte der NEOS-Abgeordnete Yannick Shetty in einem TikTok-Video, das auch Nehammers Sager in der Grazer Helmut-List-Halle zeigt. Zwar sei es gut so, dass mittlerweile wieder Großveranstaltungen ohne Maskenpflicht möglich seien. Viele arbeitenden Menschen müssten aber immer noch jeden Tag Maske tragen, bis vor Kurzem noch alle Schüler. „Ich verstehe, dass sich sehr viele, wenn sie das hören, verarscht vorkommen“, so Shetty.
@yannickshetty Bundeskanzler Nehammer hat am Parteitag der ÖVP einen Sager vom Stapel gelassen, der einen ratlos zurücklässt: Spürt er sich eigentlich noch? #nehammer#fyp#austria#politics♬ Originalton - Yannick Elias Shetty
Die Ansteckungszahlen mit dem Coronavirus sind weiter im Sinken begriffen, die Situation in den Spitälern entspannt sich und ausgerechnet am Samstag gab es zum ersten Mal seit August 2021 keinen Corona-Todesfall. Trotzdem kann Nehammer froh sein, wenn er mit seiner unbedachten Aussage keinen gröberen Bauchfleck landet, so wie sein Vorgänger Sebastian Kurz, der die Pandemie voreilig für beendet erklärt hatte.
GECKO-Chefin warnt vor nächster Welle
Denn die Chefin der Gesamtstaatlichen Krisenkoordination (GECKO), Katharina Reich, warnt bereits vor der nächsten Corona-Welle im Herbst. Um sich darauf vorzubereiten, sei nach wie vor eine gesteigerte Impfquote notwendig. „Mitte Oktober müssen wir mit dem großen Impfthema durch sein. Sind wir das nicht, wird uns die nächste Welle wieder voll erwischen“, sagte sie im Interview mit der „Kleinen Zeitung“. Reich sprach sich außerdem für die Beibehaltung der Maskenpflicht auch im Sommer aus.
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