„Krone“-Interview

Kocher: „Ich mache diesen Job sehr gern bis 2024“

Politik
18.05.2022 06:01

Noch suchen die Mitarbeiter den Weg zu Martin Kocher - der Arbeitsminister, der nun auch die Wirtschaftsagenden bekommen hat, ist gerade erst ins neue Ressort übersiedelt.

„Krone“Sie gelten als neuer Superminister. Was macht Sie super?
Martin Kocher:
 Ich habe schon gesagt, dass ich die Bezeichnung nicht ganz angebracht finde, weil das Ministerium zwar groß ist und große Herausforderungen mit sich bringt, aber es gab auch in früheren Zeiten schon ähnlich große Ministerien, und es gibt auch jetzt Ministerien, die ähnlich viele Themen behandeln. Insofern ist der Begriff Superministerium etwas unangebracht.

Und wie super ist es, wenn die Arbeit von zwei Ministerinnen auf beinahe lauter Männer aufgeteilt wird?
Das war sicher nicht das Ziel, es gibt ja auch eine weitere Staatssekretärin. Im Moment haben wir so viel Frauen wie noch nie in einer Regierung, aber natürlich geht es immer darum, ein möglichst ausgeglichenes Verhältnis der Geschlechter zu haben. Jetzt hat es sich halt so ergeben. Welche anderen Optionen es gegeben hätte, weiß ich nicht.

Was können Sie besser als die zurückgetretene Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck?
Ich hoffe, dass ich weiterhin den Wirtschaftsstandort so gut positionieren kann wie sie. Sie ist oft in den Medien unter ihrem Wert geschlagen worden.

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Margarete Schramböck ist in den Medien oft unter ihrem Wert geschlagen worden.

Martin Kocher über seine Vorgängerin im Wirtschaftsressort

Sie haben vor Kurzem, gemeinsam mit Margarete Schramböck, die Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte präsentiert und sich damit den Zorn der Gewerkschaft, die nicht eingebunden war, zugezogen. Sie betonen stets den guten Draht zu den Sozialpartnern. Wie passt das zusammen?
Wir haben immer einen sehr guten, informellen Austausch. Aber es gibt Projekte mit klaren Zuständigkeiten, bei der Rot-Weiß-Rot-Karte war klar, dass die Regierung einen Vorschlag erarbeitet. Dieser steht nun zur Debatte, es gibt eine Begutachtung. Ich bin da sehr pragmatisch und nehme Kritik gern an, aber ich denke nicht, dass mit vorhergehenden großen Verhandlungen inhaltlich ein völlig anderes Paket vorliegen würde.

Apropos Gewerkschaft und auch SPÖ: Von deren Seite kommt heftige Kritik an der Zusammenlegung von Arbeits- und Wirtschaftsministerium. Es wird befürchtet, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verlieren. Was antworten Sie?
Zuerst einmal, dass ich auf keiner Seite stehe. Ich bin als Parteiunabhängiger in die Regierung gekommen, ich komme aus keiner Interessenvertretung. Das heißt, ich bin der Anwalt der Arbeitenden, der Arbeitsuchenden, der Unternehmer, der Selbstständigen. Wir werden auf den Interessenausgleich aufpassen, wir hatten das ja auch schon in Österreich. Es ist dies nicht unüblich und kein Tabubruch.

Sie betonen gern, dass Sie nicht ÖVP-Mitglied sind. Bleibt das so?
Die Parteimitgliedschaft ist kein Thema.

Aber ist es nicht so, dass sich Ihr Auftritt als parteifreier Experte mit dem größer gewordenen Verantwortungsbereich und Einfluss nicht mehr ausgeht?
Ich werde für mich versuchen, weiter so sachlich und pragmatisch wie möglich zu arbeiten. Für mich geht sich das aus. Wie das in der Wahrnehmung von außen ist, kann ich nur bedingt beeinflussen.

Pragmatisch gesehen: Wie oft kann man eine Regierung umbauen?
(lacht) Natürlich war es eine Zeit der gewissen Unstetigkeit, das ist nicht ganz optimal. Aber es sind alle Gesetzesvorhaben fast ohne Zeitverzögerung erarbeitet worden. Die inhaltliche Arbeit war von den Personalwechseln nicht betroffen.

Minister Kocher im Interview mit „Krone“-Journalistin Doris Vettermann (Bild: Reinhard Holl)
Minister Kocher im Interview mit „Krone“-Journalistin Doris Vettermann

Welche Schwerpunkte werden Sie als Wirtschaftsminister setzen?
Es gibt die kurzfristigen Herausforderungen wie Teuerung und Energie, da gibt es viel zu tun. Wir müssen uns auf den Herbst vorbereiten, es geht um die Frage der Speicherung von Gas, den Ausgleich der Teuerung. Neben der kalten Progression ist mir eine Diskussion über eine Lohn-Nebenkostensenkung sehr wichtig. Und dann gibt es die langfristigen Themen wie Forschung und Entwicklung.

Stichwort kalte Progression: Finanzminister Magnus Brunner hat deren Abschaffung angekündigt. Wieder einmal, muss man sagen. Der gelernte Österreicher weiß, was das bedeutet.
Der Arbeitskreis ist recht hochrangig, es befinden sich der Kanzler, der Finanzminister und meine Wenigkeit dabei. Ich glaube nicht, dass es ausschließlich um eine Abschaffung der kalten Progression geht, sondern vielmehr darum, dass wir es schaffen, dass diese nicht so stark zuschlägt. Da gibt es verschiedene Methoden, Gleiches gilt für die Lohnnebenkosten. Es muss ein Gesamtpaket geben.

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Ich bin nun noch überzeugter als vor einigen Monaten, dass die Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode hält.

Martin Kocher über die Regierung

Das klang beim Finanzminister aber anders, dieser wünscht sich ein Aus für die kalte Progression bis 2023. Ihrer Ansicht nach soll es aber keinen Automatismus für alle Steuerstufen geben?
Da kann man sich vieles vorstellen, aber technisch gibt es viele Varianten, und es ist nicht unkompliziert.

Thema Kurzarbeit: Wie soll es da weitergehen?
Auch da ist es wichtig, zu differenzieren. Auf der einen Seite brauchen wir die Kurzarbeit, die nun bis Jahresende verlängert wird, als Sicherheitsnetz. Auch angesichts des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine kann da noch einiges auf uns zukommen. Auf der anderen Seite sind wir gerade dabei, den Zugang zur Kurzarbeit einzuschränken, die Regeln schärfer zu stellen. Weil es so ist, dass einige Betriebe Kurzarbeit nutzen, um gewöhnliche Schwankungen in den Aufträgen auszugleichen. Dafür ist das Modell nicht gemacht.

Bei unserem letzten Gespräch habe ich Sie gefragt, ob Sie auf die Fortdauer der Koalition wetten würden. Nach einigem Zögern meinten Sie, dass Sie schon bereit wären, etwas einzusetzen. Wie sieht das jetzt aus?
Jetzt bin ich noch überzeugter davon, dass wir es bis zum Ende der Legislaturperiode bringen.

Mit Ihrem Rückkehrrecht an die Uni lebt es sich aber auch einfacher.
Das ist ein Privileg. Aber ich mache auch diesen Job sehr gern bis 2024.

Aber nicht darüber hinaus?
Das ist nicht geplant.

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