Ungefähr eine Woche, nachdem die Regierung die Pflegereform präsentiert hatte, verteidigten die ÖVP und Grünen das Paket am Mittwoch im Nationalrat. Es sei ein „Meilenstein“ und könne die Situation pflegender Menschen verbessern. Anders sieht das wie erwartet die Opposition. Es handle sich nur um Ankündigungen, gesetzlich und finanziell sei noch gar nichts festgelegt worden.
Die kürzlich vorgestellte Pflegereform polarisiert, wie berichtet. Betroffene berichteten etwa, nicht in die Verhandlungen der Regierung einbezogen geworden zu sein. Die Rückmeldungen seien aber positiv, sagte Gesundheits- und Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) im Nationalrat. Viele hätten ihm mitgeteilt, dass sie schon gar nicht mehr an die Reform geglaubt hätten und diese als Signal der Wertschätzung werten würden.
Euphorisch zeigte sich vor allem Rauchs Parteikollegin, die Klubobfrau Sigrid Maurer: „Die Bezeichnung Meilenstein ist angebracht.“ So werde die Situation der pflegenden Menschen, großteils Frauen, tatsächlich verbessert. Die Umsetzung des „größten Reformpakets seit Jahren“ müsse nun gemeinsam angegangen werden.
Mehr als 20 Maßnahmen
Konkret sind mehr als 20 Maßnahmen für den Pflegeberuf, die Ausbildung sowie für Pflegebedürftige und pflegende Angehörige vorgesehen. Beispiele sind ein Ausbildungszuschuss von 600 Euro monatlich im ersten Ausbildungsjahr ab kommendem Herbst und ein monatliches Stipendium von 1.400 Euro für Berufsumsteiger und Umsteigerinnen ab 2023. Zudem sollen pflegende Angehörige einen Bonus erhalten, Pflegekräfte ab 43 Jahren eine zusätzliche Urlaubswoche bekommen und Assistenten beziehungsweise Assistentinnen zukünftig Infusionen anschließen und Spritzen geben dürfen.
Paket kostet eine Milliarde Euro
Laut ÖVP-Klubchef und Sozialsprecher August Wöginger werde eine Milliarde Euro in die Hand genommen, wobei 520 Millionen Euro davon in die Gehälter fließen sollen. Das Paket sei wichtig und zeige die soziale Handschrift der Regierung. „Pflege geht uns alle an. Wir zollen damit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Pflegebereich, die vor allem auch in der Pandemie große Herausforderungen zu bewältigen hatten, und auch den pflegenden Angehörigen Anerkennung für ihre wichtige Arbeit.“
„Enttäuschung in Bevölkerung“
Kritik kam im Nationalrat wie erwartet von der Opposition. „Das ist ein weiterer Eintrag in der Geschichte ihres Versagens bei der Pflegereform. Weil die Menschen Ihnen nicht mehr glauben, dass sie was weiterbringen werden bei der Pflege, weil sie die letzten fünf Jahre nur angekündigt haben, aber sie haben nichts getan“, sagte SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch. Die Präsentation habe es nur deshalb gegeben, weil die SPÖ Druck gemacht hätte. FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch (FPÖ) sprach von einer „Anhäufung von Überschriften“, was zu einer neuen Enttäuschung in der Bevölkerung führen würde. Es sei zudem nicht geklärt, wie das Paket finanziert werde. Die ganze Branche werde verhöhnt, ärgerte sich auch Fiona Fiedler von den NEOS.
Vertreterinnen und Vertreter der Pflege haben sich bisher unterschiedlich geäußert. Sie befürworten etwa das Geld für Auszubildende und das höhere Pflegegeld, sehen aber kaum Verbesserungen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen. Durch die Teuerungswelle werde es bald nicht mehr leistbar, Menschen Zuhause zu betreuen.
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