„Luxus“ oder „Kerker“: Viele Mythen ranken sich um die Zustände im „Häfn“. Die „Krone“ hat sich in Graz-Karlau, dem größten Gefängnis der Steiermark, ein Bild gemacht.
Um Punkt 7 Uhr früh beginnt der Tag in der Justizanstalt Graz-Karlau mit dem allgegenwärtigen Schlüsselgeklimper. Nach dem Aufschließen und der Standeskontrolle heißt es für die Häftlinge ausrücken in die Anstaltsbetriebe. „Bei uns herrscht Arbeitspflicht. 80 bis 85 Prozent der Insassen sind in unseren Betrieben beschäftigt“, erklärt Oberstleutnant Gerhard Derler, der stellvertretende Leiter der Karlau, wie das größte steirische Gefängnis, in dem die Schwerverbrecher untergebracht sind, im Volksmund genannt wird.
Beklemmendes Gefühl
Während die Häftlinge also gerade Möbel zimmern, Autos reparieren, kochen oder sich um Pflanzen in der Gärtnerei kümmern, gewährt Derler der „Krone“ Einblicke in ihre Zellen. Er führt uns durch düstere Gänge - die ältesten Trakte stammen aus dem 16. Jahrhundert - und sperrt gefühlt 20 Schlösser schwerer Türen auf, bis wir in einer rund zehn Quadratmeter großen Einzelzelle stehen.
Schon beim Betreten stellt sich angesichts der Enge ein beklemmendes Gefühl ein. Ein Bett, ein Tisch mit Sessel, ein Kasten, ein Kühlschrank, ein Fernseher, ein Waschbecken und eine kleine Kochplatte. An den Wänden hängen Familienfotos. Nach dem Einschließen um 15 Uhr ist das die ganze Welt des Häftlings. Auch gegessen wird im Haftraum.
Einzelzellen sind rar
Einzelzellen sind rar, in Gemeinschaftshafträumen kommen bis zu sechs „Zimmergenossen“ zusammen. Die Ausstattung ist überall die gleiche - außer in „besonders gesicherten Zellen“. Dort kommen Querulanten und gefährliche Häftlinge auf Zeit unter. Die Einrichtung beschränkt sich auf eine Matratze und eine Edelstahltoilette.
Mit Überfüllung hat die Karlau entgegen der landläufigen Meinung aktuell keine Probleme, aber man sei „gut ausgelastet, nahe der 100 Prozent“, so Derler. Generell ist die Zahl der Häftlinge in steirischen Justizanstalten seit Jahren leicht rückläufig.
Wer sich hinter Gittern an die Regeln hält, kann durchaus so manches Privileg genießen. „Einige Häftlinge haben Computer, ohne Internetzugang, versteht sich. Die müssen sie sich aber selbst kaufen“, so Derler. Handys sind für Insassen streng tabu, telefonieren können sie nur mit vorab festgelegten Personen über Anstaltstelefone - die abgehört werden.
Einige Häftlinge haben Computer, ohne Internetzugang, versteht sich. Die müssen sie sich aber selbst kaufen.
Gerhard Derler
„Insassen sollen in Gesellschaft zurückfinden“
Abwechslung und Struktur in den Alltag bringen neben Arbeit etwa auch Krafttraining, Fußballspielen oder Basteln. Der Resozialisierungs-Gedanke liegt Gerhard Derler besonders am Herzen: „Die Insassen sollen ja wieder in die Gesellschaft zurückfinden. Sie einfach nur wegsperren und von allem isolieren ist wenig zielführend.“
Zu den Privilegien für „brave“ Insassen zählt auch die umgangssprachliche „Kuschelzelle“ - oder Langzeitbesucherraum im Fachjargon. Bei dieser besonderen Besuchsform können Häftlinge bis zu 14 Stunden lang, auch über Nacht, ihre Familien empfangen - oder traute Zweisamkeit mit der Partnerin genießen.
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