Handelskrieg droht

Johnson will jetzt den Brexit-Vertrag brechen

Ausland
13.06.2022 20:32

Die britische Regierung will die mit Brüssel vereinbarte Brexit-Regelung für Nordirland einseitig ändern. Ein dazu am Montag vorgelegter Gesetzesentwurf sei notwendig, um Stabilität und den Frieden in der früheren Unruheprovinz zu sichern, sagte Außenministerin Liz Truss im Unterhaus in London. Dies käme jedoch einem Bruch des Brexit-Vertrags gleich - es droht nun ein Handelskrieg mit der EU.

„Wir sind weiterhin offen für Gespräche mit der EU“, erklärte Truss am Montag. Fortschritte könne es aber nur geben, wenn Brüssel Änderungen an der als Nordirland-Protokoll bezeichneten Vereinbarung akzeptiere. Bisher sei das nicht der Fall.

Johnson warnt vor „grober Überreaktion“
Es handle sich um eine Reihe „relativ trivialer Änderungen“, erklärte Großbritanniens Premierminister Boris Johnson. Falls die EU als Reaktion auf britische Gesetzespläne einen Handelskrieg begänne, wäre das eine „grobe Überreaktion“.

Klarer Bruch internationalen Rechts
London droht nun, die in dem Protokoll vereinbarten Warenkontrollen zum Schutz des EU-Binnenmarkts zu stoppen und durch eine freiwillige Regelung zu ersetzen. Zudem soll die Rolle des Europäischen Gerichtshofs drastisch beschränkt werden.

London will sich auch freie Hand bei Regelungen zur Mehrwertsteuer geben. Nach Ansicht einer großen Zahl von Experten wäre das ein klarer Bruch internationalen Rechts. Die Regierung in London bestreitet das jedoch.

EU: Vorgehensweise „nicht akzeptabel“
Aus der EU kam bereits im Vorfeld scharfe Kritik. Der Alleingang schade dem gegenseitigen Vertrauen und sorge für Unsicherheit, hatte Kommissionsvizepräsident Maros Sefcovic bereits Montagfrüh mitgeteilt. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, David McAllister, bezeichnete im dpa-Gespräch einseitige Maßnahmen ebenfalls als „nicht akzeptabel“.

Das Nordirland-Protokoll ist Teil des 2019 geschlossenen Brexit-Abkommens. Es sieht vor, dass die zum Vereinigten Königreich gehörende Provinz weiter den Regeln des EU-Binnenmarkts und der Europäischen Zollunion folgt. Damit sollen Warenkontrollen zum EU-Mitglied Republik Irland verhindert werden, um ein Wiederaufflammen des Konflikts zwischen Gegnern und Befürwortern einer Vereinigung der beiden Teile Irlands zu verhindern.

Besondere Zollregeln für Nordirland
Die derzeitige Vereinbarung sieht für Nordirland besondere Zollregeln vor, um die aus historischen Gründen sensible Grenze zwischen der britischen Provinz und dem EU-Staat Irland offen zu halten. Durch die Übereinkunft ist aber de facto eine Zollgrenze in der Irischen See entstanden, die Nordirland vom Rest des Vereinigten Königreichs trennt. Das führte unter anderem zu Lieferproblemen und auch insgesamt zu großem Unmut in Großbritannien.

Das Thema hatte zuletzt neue Brisanz bekommen, weil bei der Parlamentswahl in Nordirland erstmals die katholisch-nationalistische Partei Sinn Fein stärkste Kraft wurde. Sie verfolgt das Ziel einer Abspaltung von Großbritannien und einer Vereinigung mit Irland. Sinn Fein warf der britischen Regierung am Sonntag mit Blick auf die geplanten Änderungen Gesetzesbruch vor.

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