Der russische Energiekonzern Gazprom hat auch am Samstag - den dritten Tag in Folge - verringerte Gasliefermengen nach Österreich angekündigt. Aber: Durch die Hitze in Europa wird derzeit mehr Strom für Klimaanlagen gebraucht - und um diesen erhöhten Bedarf auszugleichen, steigt auch der Gasverbrauch. Das knappere Angebot - Russland drosselte seine Gaslieferungen nach Europa zuletzt deutlich - führt wiederum zu steigenden Preisen, auch in Österreich.
Laut Auskunft von OMV und der zuständigen Behörde E-Control sei auch am Samstag die Versorgung sichergestellt, hieß es in der Stellungnahme aus dem Ministerium von Klimaschutz- und Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) gegenüber der APA. Die OMV habe darüber hinaus angekündigt, zusätzliche Liefermengen von anderen Unternehmen beschaffen zu können, sollte das notwendig werden.
Am Vortag hätten - trotz der Lieferreduktion um 49 Prozent - die heimischen Speicher weiter befüllt werden können. Der Speicherstand betrage somit 40,67 Prozent. Der monatliche Verbrauch betrage derzeit knapp unter vier Terawattstunden. Davon entfallen zu dieser Jahreszeit rund zwei Drittel auf die heimische Industrie und etwa 8,5 Prozent auf die Haushalte.
Frühwarnstufe ausgerufen und Hoffnung auf volle Speicher im Winter
„Seit dem Einmarsch in der Ukraine ist klar, dass Russland kein verlässliches Gegenüber mehr ist“, erklärte Gewessler in ihrem schriftlichen Statement. Darum habe man vor einigen Wochen bereits die Frühwarnstufe des Österreichischen Gasnotfallplans ausgerufen. Klimaschutzministerium, die zuständige Behörde E-Control und der heimische Gasinfrastruktur-Betreiber AGGM seien seither „in täglichem Austausch mit allen Marktakteuren sowie internationalen Partner:innen, um tagesaktuell Liefermengen, am Markt verfügbare Gasmengen und die Preisentwicklung zu überwachen“.
Die nächste Stufe im Gasnotfallplan wäre die sogenannte Alarmstufe, hieß es aus dem Ministerium. Diese sehe etwa Aufrufe an die Industrie vor, Gas einzusparen sowie dieses durch andere Energieträger zu ersetzen. „Das entscheidende Kriterium ist der Fortschritt beim Speicheraufbau. Wir wollen mit Speichern in den Winter gehen, die zu 80 Prozent befüllt sind. Dann sind wir gut gerüstet. Wenn dieses Ziel gefährdet ist, werden wir Maßnahmen ergreifen“, so Gewessler.
Gasversorger kündigen bereits Preiserhöhungen an
An der Gasbörse stieg der Preis für sogenannte Futures, also der Preis für Gas zu einem zukünftigen Termin, vergangene Woche jedenfalls um 50 Prozent. Das sei der größte Anstieg seit dem russischen Einmarsch Ende Februar in die Ukraine, berichtete das Ö1-„Mittagsjournal“. Versorger reagierten bereits und kündigten Preiserhöhungen an - in Österreich etwa die Energie Steiermark. Am Freitag hieß es, dass man wegen der stark gestiegenen Kosten für Gas die Preise für die Kunden mit Anfang September um 58 Prozent erhöhen müsse. Bei der Fernwärme dürfte es zu einer Anhebung um rund 50 Prozent kommen.
Der Österreichische Gaspreisindex (ÖGPI) stieg seit Jahresbeginn nochmals um rund 90 Prozent, seit 2020 insgesamt sogar um über 600 Prozent, heißt es von dem Energieversorger.
Deutschland vermutet klare Strategie hinter Gasdrosselungen
In Deutschland sind sich sowohl der Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) als auch der Chef der deutschen Bundesnetzagentur, Klaus Müller, sicher, dass hinter der Drosselung der Gaslieferungen eine klare Strategie steckt. „Russland liefert nun seit Tagen deutlich weniger Gas nach Deutschland und nach Europa. Das soll uns verunsichern und die Preise treiben“, sagte Müller am Samstag der deutschen Nachrichtenagentur dpa. Habeck ortet eine politische Motivation, rief zum Energiesparen auf und mahnte: „Wir müssen wachsam sein. Wir dürfen uns nicht spalten lassen. Denn das ist das, was Putin vorhat.“
Russland spricht von technischen Problemen bei der Lieferung - durch Sanktionen sei es nicht möglich, eine wichtige Turbine der Pipeline Nordstream 1 warten zu lassen. Das bestätigt auch ORF-Moskau-Korrespondent Paul Krisai gegenüber Ö1. Allerdings, so Krisai, hindere niemand Russland daran, sein Gas durch andere Pipelines nach Europa zu pumpen: „Das tut Russland bewusst nicht, und das hat dann keine technischen, sondern politische Gründe.“
Ausbau von Fotovoltaik und Windkraft nahm 2021 an Fahrt auf
Es gibt aber auch gute Nachrichten: Der Ausbau von Fotovoltaik und Windkraft hat vergangenes Jahr stark an Fahrt aufgenommen. Bei Sonnenenergie betrug der Zuwachs gegenüber 2020 117 Prozent, bei Windenergie waren es sogar 1.168 Prozent. Bei den Windrädern hatte es allerdings 2020 einen de facto Stillstand gegeben. Tendenziell geht der Ausbau von Fotovoltaik stetiger voran als bei Windkraft, wie aus einem Bericht des Klimaministeriums hervorgeht, der jährlich erhebt, wie rasch die Energiewende vonstattengeht.
Auffallend sind deutliche Unterschiede zwischen den Bundesländern. So beschränkte sich der Windkraftausbau fast ausschließlich auf Niederösterreich und das Burgenland. Bei Fotovoltaik sind Nieder- und Oberösterreich sowie die Steiermark führend. Auch zeigt der Bericht, dass in der Steiermark und in Kärnten viele Biomasse-Heizungen installiert werden, aber verhältnismäßig wenig Wärmepumpen. Im Burgenland hingegen wurden 2021 dreimal so viele Wärmepumpen installiert wie Biomasseheizungen.
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