Pierer im Interview

Mit weniger Arbeit werden wir Probleme nicht lösen

Oberösterreich
29.06.2022 18:00

Andreas Stangl, den Chef der Arbeiterkammer OÖ, hat er schon getroffen. In den nächsten Wochen hat Stefan Pierer auch mit jedem Landesrat einen Termin. „So gehört es sich doch, wenn man wo anfängt: Man sagt Grüß Gott. Wir haben rundherum mehr als genug Probleme, und ich glaube, dass wir sie nur gemeinsam lösen können“, sagt der KTM-Chef in seiner Rolle als Präsident der Industriellenvereinigung Oberösterreich. Im Interview mit der „Krone“ spricht er über Personalsorgen, Arbeitszeiten, Gas-Notfallpläne und Mick Jagger.

„Krone“: Herr Pierer, am Freitag werden die neuen Arbeitsmarktdaten veröffentlicht und damit auch die Zahl der Zigtausenden offenen Stellen, die beim AMS gemeldet sind. Wie geht’s Ihnen mit dem eklatanten Mitarbeitermangel, der nicht nur die Industrie trifft?
Stefan Pierer: Das Thema wird jetzt, unabhängig von kurzfristigen geopolitischen Herausforderungen wie Krieg und Gas, die größte Herausforderung in den nächsten Jahren.

Neben der Rot-Weiß-Rot-Card haben Sie verschiedene Lösungsansätze ...
Es geht darum, wie Leute motiviert werden können, freiwillig Mehrleistung zu bringen. Das muss sich rentieren. Etwa, wenn für jene Mitarbeiter, die bereit sind, freiwillig Überstunden zu machen, die ersten 20 im Monat völlig steuerfrei sind. Es muss netto mehr vom Brutto bleiben. Da wäre ein Vorschlag, den Steuersatz für junge Mitarbeiter bis 30 Jahre zu halbieren.

Dabei ist doch Mehrarbeit nicht mehr „in“, heißt es. Stichwort: Vier-Tage-Woche.
Mit weniger Arbeit werden wir die Probleme nicht lösen können: den Arbeitskräftemangel und vor allem, aus der Krise herauszukommen. Die Vier-Tage-Woche ist ja jetzt auch schon möglich über die Arbeitszeitflexibilisierung, indem ich meine Wochenarbeitsstunden zwischen Montag und Donnerstag erledige und am Freitag daheim bleibe. Aber vier Tage arbeiten und für fünf Tage verdienen - das wird’s nicht spielen.

Sie wollen auch die Über-60-Jährigen zur Mehrarbeit bewegen.
Wir haben Vorschläge, wie es möglich ist, Pensionisten, die das offizielle Pensionsalter erreicht haben, noch zwei, drei Jahre zu überzeugen oder zu motivieren, dass sie länger bleiben, indem sie ein neues Arbeitsverhältnis mit dem bestehenden Arbeitgeber oder einem anderen eingehen. Während dieser Zeit fällt keine Lohnsteuer an, es müssten nur Sozialversicherungsbeiträge geleistet werden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit gibt’s dann mehr als die Pension in der Zeit. Für die jeweilige Firma bleibt er oder sie länger als Know-how-Träger erhalten. Das Wichtigste ist, dass die nicht in die Pension abbiegen: Die haben ja eine Sinnkrise.

Eine Sinnkrise droht bei Ihnen nicht: Sie sind 65 und denken nicht ans Aufhören.
Ich lebe nach dem Prinzip: Rock ’n’ Roll so lange es geht. Mein Idol ist Mick Jagger, der hupft mit fast 79 auf der Bühne herum. Chapeau! So lange es Spaß macht, denk’ ich sicher nicht ans Aufhören.

Alles andere als lustig ist die Energiethematik aktuell: der teurere Strom, der teurere Treibstoff, dazu die Angst um die Gas-Lieferungen.
Für die oberösterreichische Industrie ist Gas das zentrale Thema, und es wäre extrem wichtig, die Industrie intensiv bei der Ausarbeitung eines Notfallplans einzubinden. In Deutschland wird die Industrie gefragt. Da wird gemeinsam etwas erarbeitet - das vermisse ich derzeit in Österreich.

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