Nach der Entscheidung im EU-Parlament zeigt sich Österreichs Politik entsetzt darüber, dass Gas und Atomkraft als klimafreundliche Investitionen eingestuft werden sollen. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) will ihre Klagsdrohung dagegen nun wahr machen - und vor den EuGH ziehen.
Das EU-Parlament will Gas und Atomkraft künftig unter gewissen Bedingungen als „klimafreundliche Investition“ einstufen. Ein Schritt, der in Österreich für Entsetzen sorgt. „Die Entscheidung zur sogenannten Taxonomie-Verordnung wird den europäischen Bemühungen für eine gute und klimafreundliche Zukunft nicht gerecht“, rechtfertigte Gewessler ihr Vorgehen. „Sie ist weder glaubwürdig, ambitioniert noch wissensbasiert, gefährdet unsere Zukunft und ist mehr als verantwortungslos.“ Sobald dieses „Greenwashing-Programm“ in Kraft trete, werden man die bereits vorbereitete Nichtigkeitsklage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) einbringen, so die Ministerin am Mittwoch.
Luxemburg will sich an Klage beteiligen
Luxemburg habe laut Gewessler bereits zugesagt, sich an einer Klage zu beteiligen. „Wir werden die nächsten Wochen und Monate weiter dazu nützen, weitere Verbündete zu gewinnen.“ Auch Umweltorganisationen und die österreichischen EU-Abgeordneten übten scharfe Kritik an der Verordnung und am Ausgang der Abstimmung.
„Heute ist ein schlechter Tag für den Klimaschutz, Atomkraft ist weder grün noch nachhaltig“, so der EU-Abgeordnete Othmar Karas (ÖVP) zum Ausgang des Votums. Für Karas und seinen Kollegen Alexander Berhnhuber ist es eine vergebene Chance, mehr Rückenwind für Investitionen in Erneuerbare Energie zu schaffen. Karas forderte die EU-Kommission auf, einen Vorschlag vorzulegen, in dem Gas und Atomstrom als nachhaltige Investitionen herausgenommen werden. „Europa sollte weder auf Atomkraft noch auf russisches Gas bauen“, so der Erste Vizepräsident des Europaparlaments.
„Greenwashing“ und „Etikettenschwindel“
Auch die EU-Abgeordneten der SPÖ, Evelyn Regner und Günther Sidl, bedauerten den Ausgang des Votums. Die Einstufung von Atomkraft und Gas als nachhaltig sei „Greenwashing par excellence!“, hieß es in einer Aussendung. Im Fokus der EU müsste stattdessen der Ausbau Erneuerbarer Energien stehen. Auch FPÖ-EU-Mandatar Georg Mayer zeigte sich nach der Abstimmung unzufrieden. Der „Etikettenschwindel“ verdeutliche den Irrweg der Kommission.
Für den grünen EU-Abgeordneten Thomas Waitz ist das Abstimmungsergebnis gar „ein Verrat an der Klimabewegung und ein Etikettenschwindel“, erklärte er in einer Aussendung. „Konservative und Liberale“ hätten dafür gesorgt. „Die EU setzt ihre internationale Glaubwürdigkeit als globale Vorreiterin beim Klimaschutz aufs Spiel.“ Mit großer Enttäuschung reagierte auch die NEOS-Ageordnete Claudia Gamon. „Dieser Etikettenschwindel bedroht nicht nur unsere Energiewende, sondern spült auch Milliarden in Putins Kriegskasse“, so Gamon.
„Werden vor Gericht kämpfen“
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace zeigte sich ebenfalls entsetzt: „Das ist ein skandalöses Ergebnis, gegen das wir vor Gericht ankämpfen werden. Die Gas- und Atomlobby wird sich nicht durchsetzen“, sagte Lisa Panhuber, Sprecherin bei Greenpeace Österreich. Gas und Atomkraft seien niemals grün. Auch der WWF prüft eine Klage. „Das ist ein herber Rückschlag für die europäische Klimapolitik“, kritisierte Jakob Mayr, Experte für nachhaltige Finanzen bei WWF Österreich.
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