Lewis Hamilton muss nach zwei dritten Plätzen in Folge seine Erwartungen für Österreich etwas zurückschrauben. Der siebenfache Weltmeister hat zwar schon zwei Mal (2016, 2020) in Spielberg gewonnen, beide Male aber noch in der Ära, als Mercedes noch das überlegene Formel-1-Auto stellte. Zumindest kann Mercedes auf dem Red Bull Ring Risiko gehen. „Denn wir fahren derzeit nicht um die Weltmeisterschaft“, ist auch Teamchef Toto Wolff bewusst.
Für den Wiener ist Spielberg das Heimrennen und darauf freut sich der 50-Jährige auch dementsprechend. Wolff ist aber beim Rückblick auf das Rennen vor Spielberg auch bewusst: „Silverstone ist den Stärken unserer Autos entgegengekommen und Lewis hätte das Rennen sogar noch weiter vorne beenden können. An Österreich habe ich zwar auch sehr gute Erinnerungen, weiß aber auch, dass diese Strecke hier völlig anders ist und uns nicht immer gut gepasst hat“, sagte Wolff zu den Voraussetzungen auf der mit 4,13 Kilometern fünftkürzeste Grand-Prix Strecke im WM-Kalender mit ihren satten 69 Metern Höhendifferenz.
„Österreich-Wunder“ für Mercedes?
Die Rundenzeit - der Streckenrekord von Valtteri Bottas lautet auf 62,939 Sekunden - auf der hügeligen Powerpiste in der Steiermark ist die kürzeste des Jahres. Spielberg hat auch die wenigstens Kurven (zehn) aller 22 WM-Strecken, dafür geht es gleich 71 Mal rundherum. Wolffs Hoffnung beruht ausgerechnet auf den massiven Regeländerungen, die vor allem Mercedes nach Seriensiegen und Titeln der langjährigen Überlegenheit beraubt und zudem mit einem unangenehmen „Hüpfen“ der Autos infiziert hat. Wolff hatte die eigene Fahrzeuge deshalb in Aserbaidschan sogar als „Scheiße“ bezeichnet.
„Die Autos haben sich jedenfalls drastisch verändert, seit wir das letzte Mal hier gefahren sind“, gibt sich Wolff mittlerweile etwas gemäßigter und hofft auf ein kleines Österreich-Wunder. „Wir behalten die Köpfe unten, bereiten uns bestmöglich vor und können hoffentlich etwas von dem Silverstone-Momentum mitnehmen.“
Das wünscht sich auch Hamilton. „Silverstone war großartig, aber ich weiß nicht, ob das so weitergeht. Denn in Österreich war es noch nie einfach für uns“, sagte der siebenfache Weltmeister in Spielberg. Sein Heimrennen in England habe ihm viel Selbstvertrauen gegeben. Ob er aber auch bereits wieder gewinnen könne, sei schwer zu sagen. „Wenn ich mir anschaue, wo wir am Saisonstart waren, geht es in die richtige Richtung. Das Auto hat definitiv das Potenzial zu siegen. Dazu muss aber bei uns alles perfekt zusammenlaufen, denn wir sind noch nicht auf dem Niveau der beiden Teams vor uns“, ist dem Briten bewusst.
Irritationen wegen Hamilton-Geste
Auch Irritationen hatte es zuletzt in Silverstone bei Mercedes gegeben. Einerseits, weil Hamilton den Umweltschützern, die sich nach Überklettern der Zäune in der ersten Runde auf die Strecke gesetzt hatten, „Daumen hoch“ gegeben hatte. Nicht auszudenken was passieren hätte können, wäre das Rennen nicht nach dem schweren Start-Unfall des Chinesen Zhou Guanyu (Alfa Romeo) nach nur wenigen Sekunden abgebrochen worden.
Hamilton habe nicht das ganze Bild gehabt, beeilte sich das unter anderem vom Ölkonzern Petronas gesponserte Mercedes-Team klarzustellen. „Er hat sich für das Recht zu protestieren stark gemacht, aber nicht für die sicherheitsgefährdende Art und Weise“, hieß es. Hamilton hatte wie der ebenfalls als Umweltschützer engagierte Aston-Martin-Pilot Sebastian Vettel die Protestaktion grundsätzlich für gut befunden. „Ich liebe es, dass Menschen für ihren Planeten kämpfen. Wir brauchen mehr davon“, hatte der Brite gemeint.
„Halo“ der „Star“ in Silverstone
Andere Sorgen hatte in Silverstone George Russell. Der Mercedes-Jungpilot war nach dem Zhou-Unfall ausgestiegen, um nach dem Verunglückten zu sehen. Währenddessen wurde sein Mercedes zurück an die Box gekarrt, was den 24-Jährigen die Teilnahme am Rennen kostete. Damit ging auch die Serie des bis dahin einzigen Fahrers, der in allen Rennen gepunktet hatte, zu Ende. „Ewig schade. Aber wir sind wahnsinnig stolz darauf, wie er das alles weggesteckt hat“, lobte Wolff den WM-Fünften.
„Star“ des Rennens in Silverstone war der Cockpit-Schutz „Halo“, der vor seiner Einführung nicht nur Freunde gehabt hatte. Weil es auch einen ähnlich dramatischen Unfall in der Formel 2 gegeben hatte und bei Zhous Überschlag bemerkenswerterweise der klassische Überroll-Bügel gebrochen war, hat die sekundäre Überroll-Struktur, auch Halo oder „Heiligenschein“ genannt, womöglich gleich zwei Piloten das Leben gerettet.
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