System krankt

Keine Notärzte, 2 Tote: Jetzt kommt Krisengipfel

Steiermark
10.07.2022 06:01

Das auf neue Beine gestellte Notarztwesen in der Steiermark krankt. Auch die Ärztekammer zeigt sich „verschnupft“ - im Vorfeld der Umstrukturierung wurde nicht mit den Experten gesprochen. Nun zieht der Landeshauptmann die Reißleine.

Das neue Notarztwesen in der Steiermark leidet an akuten Krankheits-Symptomen. Das beweisen die heftige Kritik eines Rotkreuz-Mitarbeiters in der „Krone“ sowie zwei tragische Todesfälle: Vergangenen Sonntag starb ein 50-jähriger Lassinger, weil kein Notarzt im Dienst war, zu Fronleichnam konnte zu einem Patienten mit Herz-Kreislauf-Stillstand ebenfalls kein Mediziner geschickt werden.

Ärztekammer meldet „schwere Bedenken“
Die Organisation des Notfall-Systems 2022 lief über die Gesundheitsversorgungsgesellschaft des Landes (GVG). Freilich gab die Politik mit ÖVP-Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß dabei den Ton an. Aber was ist seit Kurzem anders? Neuerdings können Mediziner, etwa mit einer eigenen Ordination, auf Notarztwagen mitfahren. Wenn sie in steirischen Spitälern angestellt sind, muss der Einsatz außerhalb der eigentlichen Arbeitszeit erfolgen, dafür gibt’s ein finanzielles Zubrot.

Dietmar Bayer (Ärztekammer Steiermark) (Bild: Harry Schiffer )
Dietmar Bayer (Ärztekammer Steiermark)
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Wenn man ein System entwickelt, und das ohne vorher mit den Leuten zu reden, muss das zwangsläufig zu Problemen führen!

Dietmar Bayer, Vizepräsident der steirischen Ärztekammer

Aufgefettete Honorare sollen vor allem Jungmediziner anlocken. Nun meldet die Ärztekammer aber „schwere Bedenken“ an!

Im Vorfeld der Umstrukturierung spielte das Land offenbar „stille Post“. Die Verantwortlichen bezogen die Notärzte zu wenig oder gar nicht in die Planungen ein: „Wenn man ein System entwickelt, und das ohne vorher mit den Leuten zu reden, muss das zwangsläufig zu Problemen führen“, klagt Dietmar Bayer, Vizepräsident der Ärztekammer.

Man hätte eine Reihe von Vorschlägen (gehabt), wie man das Modell verbessern könne. „Bei so einem Schritt braucht es eine gemeinsame Entwicklung. Überhaupt geht es darum, die Versorgung neu aufzusetzen - die Schwellen zwischen dem niedergelassenen ärztlichen Bereich und dem Spital gehören bereinigt.“

„Das System funktioniert in der Region nicht“
Ein Lied von der dramatischen Situation im Ennstal und Ausseerland kann SPÖ-Abgeordnete Michaela Grubesa singen. „Es war nie leicht, Notärzte für Dienste zu finden, aber jetzt ist es fast schon unmöglich. Es kann so nicht weitergehen!“ Die Problematik sei zudem kein obersteirisches Phänomen, auch andere Regionen seien betroffen.

Michaela Grubesa (Bild: Christian Jauschowetz)
Michaela Grubesa
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Im Ausseerland gibt es an den Wochenenden immer seltener Visitenärzte. Auch das ist ein großes Problem. So kann es nicht weitergehen!

Michaela Grubesa, SPÖ-Landtagsabgeordnete, Bad Aussee

Folgendes Beispiel zeigt weitere Mängel im System. In einem Hotel im Ausseerland brach kürzlich ein Mann zusammen, Kollaps. Man wollte rasch einen Arzt rufen - allerdings hatte keiner Visitendienst. Also musste der Notarzt aus Bad Aussee ausrücken - und war für akute Notfälle blockiert.

Landeshauptmann zieht Reißleine
Nun greift der neue Landeshauptmann Christopher Drexler, der auch für das Notarztwesen zuständig ist, ein: „Wir werden nächste Woche einen Notarzt-Gipfel einberufen, bei dem die aktuelle Situation genau analysiert wird“, kündigt er gegenüber der „Krone“ an. Mit dabei unter anderen Vertreter von Kages, Rotem Kreuz, Katastrophenschutz und Ärztekammer.

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