Skandal-Rede
Orban: „Wir wollen keine gemischte Rasse werden“
Viktor Orban hat am Wochenende mit einem verbalen Rundumschlag aufhorchen lassen. Ungarns Ministerpräsident zog vor Tausenden Anhängern im rumänischen Kurort Baile Tusnad über mehrere EU-Mitgliedsstaaten und deren Asylpolitik her. Dabei benutzte Orban offen rassistisches Vokabular. So meinte er etwa, Europa sei geteilt in „jene Welt, in der sich die europäischen Völker mit den Ankömmlingen von außerhalb vermischen.“ Dem gegenüber gebe es das Karpatenbecken, wo sich europäische Völker wie Ungarn, Rumänen, Slowaken und andere miteinander vermischten. „Wir sind bereit, uns untereinander zu vermischen, aber wir wollen keine gemischte Rasse werden“, so Orban.
Das unter anderem von den Nationalsozialisten genutzte Konzept, dass es unterschiedliche menschliche Rassen gibt, ist wissenschaftlich nicht haltbar und Teil rassistischer Weltanschauungen. Diese Ideologie schreibt ganzen Gruppen von Menschen aufgrund äußerlicher Unterschiede wie etwa der Hautfarbe fälschlich bestimmte Eigenschaften zu.
Rumänische Nationalisten von Polizei abgeführt
Orban trat im rumänischen Baile Tusnad auf, das in einem kompakten ungarischen Siedlungsgebiet in Siebenbürgen liegt. Bis 1918 hatte die Region zu Ungarn gehört. Die Fidesz-Partei veranstaltet dort seit mehr als drei Jahrzehnten eine Sommerakademie. Orban, der ein Fidesz-Mitbegründer ist, hält dort traditionell die Abschlussrede. Zu Beginn versuchten diesmal rumänische Nationalisten, Orbans Rede zu stören. Sie riefen: „Siebenbürgen bleibt für ewig rumänische Erde!“ Die rumänische Polizei führte sie ab.
In seiner Rede setzte Orban auch islamophobes Vokabular ein. Er beharrte darauf, mit Grenzzäunen und Abschiebungen Europa vor dem Ansturm der „islamischen Zivilisation“ zu schützen. Wegen Orbans repressiver Asylpolitik hatte Ungarn mehrere Niederlagen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) erlitten.
Mit Trump und Merkel wäre Krieg in Ukraine „nie passiert“
Orban thematisierte in seiner Rede zudem Russland. Vor dem russischen Angriff auf die Ukraine habe der Westen die Sicherheitsansprüche Moskaus ignoriert, kritisierte Orban. Mit US-Präsident Donald Trump und der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel „wäre dieser Krieg nie passiert“, meinte er - offenbar von der Einschätzung geleitet, dass diese Politiker - ähnlich wie er selbst - für eine russlandfreundlichere Politik gestanden hätten.
„Westliche Sanktionen erschüttern Russland nicht“
Der rechtsnationale Politiker sieht den Westen mit seiner Strategie gegen Russland gescheitert. „Wir sitzen in einem Auto mit vier kaputten Reifen“, erklärte er. „Die Sanktionen erschüttern Russland nicht“, sagte er. Dafür würden in Europa „Regierungen fallen wie Dominosteine“. Er erwähnte dabei die Entwicklungen in Italien, Großbritannien, Bulgarien und Estland.
Ungarn ist seit 1999 Mitglied der NATO und seit 2004 der EU. Die Sanktionspolitik der Union trug Orban bisher mit, erzwang aber mit einer Vetodrohung eine Ausnahmeregelung für russische Ölimporte. Zum russischen Präsidenten Wladimir Putin pflegt Orban immer noch ein recht gutes Verhältnis. Man müsse mit Moskau verhandeln und nicht die Ukraine aufrüsten, sagte er in seiner Rede.
Orban regiert seit 2010. Ihm wird das Aushöhlen von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit vorgeworfen, weswegen er auch mit der EU in Konflikt steht. Gegen Ungarn laufen derzeit mehrere Verfahren, darunter eines im Rahmen des neuen Rechtsstaatsmechanismus, das zum Entzug von EU-Fördermitteln führen könnte.
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