Fällt sie oder fällt sie nicht, die Quarantänepflicht für positiv auf das Coronavirus getestete Menschen? Das ist die Frage, über die am Montagnachmittag Bundesregierung und Länderchefs via Videokonferenz debattierten. Betroffen sind aktuell über 100.000 Menschen, die sich derzeit in Absonderung befinden. Wie die „Krone“ erfuhr, kam es im Zuge der Beratungen vor allem zu Streitigkeiten mit der Wiener Landesführung. An einem Aus der Quarantäne dürfte nun dennoch kein Weg vorbeiführen ...
Aus informierten Kreisen wurde am späten Montagnachmittag verlautbart, dass das Gesundheitsministerium unter Minister Johannes Rauch (Grüne) beim Bund-Länder-Gipfel nicht nachgegeben habe und einen „Wiener Sonderweg“ nicht akzeptieren würde. Man wolle das Ende der Quarantäne demnächst beschließen, vermutlich im Zuge eines anstehenden Sommerministerrats am Mittwoch.
Streit um Spitalszahlen
Gestritten sei auch über die Einmeldung von aussagekräftigeren Spitalszahlen geworden, heißt es gegenüber der „Krone“ - hier sei Wien säumig, wurde kritisiert. Offenbar fordert der Bund vehement, dass bei der Einmeldung zwischen „wegen Corona im Spital“ und „mit Corona im Spital“ unterschieden werden soll.
Enttäuscht über das Quarantäne-Aus, das mittlerweile als fix betrachtet werden kann, zeigte sich zuerst Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) gleich im Anschluss an den Gipfel: „Trotz offener Fragen und Bedenken will die Bundesregierung Verordnung mit Quarantäne-Ende in Kraft setzen. Ich hätte mir fachlich aufbereitete Entscheidungsgrundlagen erwartet“, schrieb er auf Twitter.
„Wir sehen das anders“
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) folgte etwas später und erklärte am frühen Montagabend: „Den Vorstoß der Bundesregierung sehe ich als Schritt in die falsche Richtung. Als Stadt Wien sehen wir das anders. Wir orientieren uns da an den Empfehlungen der WHO.“ Die Weltgesundheitsorganisation hatte sich kürzlich für eine Beibehaltung der Quarantäneregeln sowie des Contact Tracings ausgesprochen.
Wagen SPÖ-Länder Alleingang?
Ob die SPÖ-geführten Länder, hier besonders Wien, im Fall einer Abschaffung im Alleingang an den Quarantäneregeln festhalten könnten, auch wenn der Bund sie abschafft sollte, ist unterdessen nicht ganz klar. Wien lässt es nun wohl darauf ankommen.
„Etwas unklare Legistik“
Der Verfassungsrechtler Peter Bußjäger sieht hier ein „Beispiel einer etwas unklaren Legistik“ und hält Ärger „auf jeden Fall“ für vorprogrammiert. Grund dafür sind zwei einander widersprechende Paragrafen des Epidemiegesetzes. In Paragraf 43a werde festgehalten, dass eine Verordnung grundsätzlich vom Gesundheitsminister zu erlassen sei, wenn dieser das jedoch nicht mache, könnten es auch die Bundesländer tun. Der erst kürzlich geschaffene Paragraf 7b sehe jedoch vor, dass ausschließlich der Gesundheitsminister Verkehrsbeschränkungen festlegen könne.
Wer mit dem Coronavirus infiziert ist, muss derzeit zumindest fünf Tage in Isolation. Das betrifft aktuell rund 52.000 Menschen, die in den vergangenen fünf Tagen einen positiven Test erhalten haben. Danach gilt für weitere fünf Tage eine „Verkehrsbeschränkung“: Wer symptomfrei ist, darf mit FFP2-Maske wieder unter Leute gehen oder sich gänzlich „freitesten“. In diese Frist fallen aktuell rund 57.000 Menschen.
Infiziert zur Arbeit - das wäre möglich
Bei dem Gipfel ging es um die „verschiedenen Möglichkeiten zur Neuregelung der Absonderung Infizierter“, wie das Gesundheitsministerium im Vorfeld angekündigt hatte. Auf ÖVP-Seite hatte auch Kanzler Karl Nehammer teilgenommen. Ein vor einigen Tagen durchgesickerte Verordnungsentwurf sieht vor, dass für Corona-Infizierte künftig nur noch Verkehrsbeschränkungen gelten sollen. Demnach könnte man sich bei einer Infektion mit Maske fast überall frei bewegen.
Betretungsverbote gäbe es nur an bestimmten Orten (Spitäler, Pflege- und Behinderteneinrichtungen, Kindergärten, Volksschulen und Horte), allerdings nicht für dort Beschäftigte.
Die Reaktionen auf diesen Plan der Regierung waren heftig ausgefallen. Besonders vonseiten der SPÖ hielt man nicht hinterm Berg, was man davon halte. Aus den ÖVP-geführten Ländern waren gemäßigtere Töne gekommen - so ganz begeistert war man mit dem Vorschlag allerdings auch nicht. Auch Experten wie Virologe Norbert Nowotny und der Simulationsforscher Niki Popper warnten davor, vulnerable Gruppen einer zu großen Gefahr auszusetzen.
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