Droht Österreich ein „Quarantäne-Fleckerlteppich“? Wiens Bürgermeister Michael Ludwig bezeichnete das Vorhaben der Bundesregierung, die Corona-Quarantäne abzuschaffen, jedenfalls als „Schritt in die falsche Richtung“, sagte aber dennoch, man werde auch in Wien die bundesweite Verordnung zur Kenntnis nehmen. Bei 300.000 Pendlern jeden Tag sei es schwer, unterschiedliche Regelungen umzusetzen und durchzuhalten. Zuvor war der Quarantäne-Gipfel zwischen Bund und Ländern ohne Einigung zu Ende gegangen.
Das Aus für die Corona-Quarantäne ist auf Schiene, wie die „Krone“ erfuhr. Auch wenn bei dem Gipfel am Montag erwartungsgemäß noch keine Entscheidungen fielen, wird damit gerechnet, dass die Bundesregierung beim Ministerrat am Mittwoch eine Lockerung bzw. das Ende der Quarantäne verkünden wird. Doch ob die SPÖ-geführten Länder dies so kampflos hinnehmen werden, ist fraglich. Ludwig hatte im Vorfeld gesagt, wenn man den Empfehlungen der WHO folgen wolle, müsse die Quarantäne beibehalten werden.
„Schritt in die falsche Richtung“
Auch wenn das Quarantäne-Aus nun wohl beschlossene Sache ist, machte der Wiener Bürgermeister im Anschluss an den Gipfel seine Position bei einer Pressekonferenz deutlich. Die Stadt Wien orientiere sich an den Empfehlungen der WHO und sei gegen das Aus der Quarantäne. „Ich sehe den Vorstoß der Bundesregierung als Schritt in die falsche Richtung.“ Man müsste sich vielmehr auf die Herbstwelle vorbereiten, denn die Infektionszahlen flachen nicht ab. „Wir gehen davon aus, dass wir im Herbst mit einer weiteren Welle zu rechnen haben“, so Ludwig.
Bisher ist die Stadt Wien immer einen strikteren Kurs in Sachen Corona gefahren. So dauert in Wien die Quarantäne derzeit zehn Tage, in den anderen Bundesländern kann sich, wer symptomfrei ist, nach fünf Tagen mit Verkehrsbeschränkungen (Maske) wieder bewegen. Das Freitesten nach fünf Tagen ist in allen Bundesländern möglich. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) beurteilte die Konferenz im Anschluss als „enttäuschend“. Einige Bundesländer seien „von der Erarbeitung der Verordnung ausgesperrt“ worden.
Politisches Hickhack um Quarantäne-Aus
Auch Ludwig kritisierte einmal mehr, dass die SPÖ-regierten Länder zum wiederholten Mal von der schwarz-grünen Regierung im Vorfeld nicht eingebunden wurden und aus den Medien vom geplanten Ende der Quarantäne erfahren haben. Vor einigen Tagen war ein Verordnungsentwurf bekannt geworden, wonach für Corona-Infizierte künftig nur noch Verkehrsbeschränkungen gelten sollen. Demnach könnte man sich bei einer Infektion mit Maske fast überall frei bewegen. Betretungsverbote gäbe es nur an bestimmten Orten (Spitäler, Pflege- und Behinderteneinrichtungen, Kindergärten, Volksschulen und Horte), allerdings nicht für dort Beschäftigte.
100.000 Menschen betroffen
Betroffen wären vom Ende der Quarantäne über 100.000 Menschen. Die Zahl der Neuinfektionen liegt aktuell bei bis zu 15.000 pro Tag. Rund 1500 Spitalsbetten sind derzeit von Covid-Infizierten belegt. Eine Überlastung des Gesundheitssystems sei nach aktueller Einschätzung nicht zu erwarten, hieß es in einer Aussendung der Regierung.
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