Tausende Menschen haben am späten Montagabend bei einer Mahnwache am Wiener Stephansplatz ihre Anteilnahme an der Tragödie um die Ärztin Lisa-Maria Kellermayr gezeigt. Die Medizinerin hatte sich am Freitag nach monatelangen Morddrohungen aus der Impfgegner-Szene in ihrer Praxis in Oberösterreich das Leben genommen. Auch in anderen Städten - in Linz, Wels, Steyr und Graz - fanden Mahnwachen statt.
Ab 20 Uhr sammelten sich die Menschen am Stephansdom, um 20.45 Uhr läuteten dann die Glocken und Tausende Kerzen wurden entzündet, dazu erstrahlten unzählige Handy-Lichter. Der gesamte Platz vor dem Dom war voll mit Menschen. Die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung stimmten mehrere Lieder an, darunter das Protestlied „We Shall Overcome“.
„Ich glaube, dass gemeinsam Trauern einer Gesellschaft guttut“, sagte Initiator Daniel Landau - der Bruder von Caritas-Präsident Michael Landau - der die Gedenkveranstaltung unter dem Motto „Yes we care“, angemeldet hat. Er kannte Kellermayr persönlich, hatte sie erst Mitte Juli in deren Ordination getroffen. Dabei hätten sie auch über den Glauben gesprochen, das sei der Medizinerin wichtig gewesen, schilderte Landau.
Auch Ex-Minister unter den Teilnehmern
An der Mahnwache vor dem Dom nahmen auch Wissenschaftler teil, etwa der Molekularbiologe Ulrich Elling. Am Stephansplatz fanden sich unter anderem auch der frühere SPÖ-Gesundheitsminister Alois Stöger sowie Seniorenbund-Obfrau Ingrid Korosec (ÖVP) ein. Auch der ehemalige Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) gedachte der toten Ärztin.
Mahnwachen auch in Linz und Wels
In der Linzer Innenstadt nahmen an einer Mahnwache für die oberösterreichische Medizinerin knapp 300 Personen teil. Am Taubenmarkt wurden rund um den Brunnen Kerzen aufgestellt und Blumen vor einem Bild Kellermayrs niedergelegt. Nach einer kurzen Ansprache der Veranstalterin blieb die Menge lange in stiller Andacht stehen.
In Wels gedachten nach APA-Zählung rund 150 Leute vor dem Landesgericht - und damit auch dem Quartier der Staatsanwaltschaft. Vor dem Gebäude wurden Kerzen angezündet und Blumen niedergelegt, die Teilnehmer versammelten sich zu einem stillen Gedenken an die Medizinerin.
Monatelang beschimpft und bedroht
Kellermayr war monatelang von Gegnern der Corona-Maßnahmen und -Impfung beschimpft und bedroht worden, E-Mails veröffentlichte sie dabei auch auf ihrer Praxis-Homepage. Sie erhielt zunächst Polizeischutz, gab jedoch in weiterer Folge nach eigenen Angaben selbst rund 100.000 Euro für Schutzmaßnahmen aus, da sie sich von den Behörden nicht genug geschützt fühlte.
Im Juni folgte die Schließung der Ordination. „Ich kann kein Risiko eingehen, wenn es um die Sicherheit meiner Patienten und Mitarbeiterinnen geht“, erklärte Kellermayr damals. Ebenfalls im Juni stellte die Staatsanwaltschaft Wels das Ermittlungsverfahren gegen einen deutschen Verdächtigen ein - mit der Begründung, man sei nicht zuständig, sondern deutsche Behörden.
Tot in ihrer Ordination gefunden
Freitagfrüh wurde die Medizinerin tot in ihrer Ordination gefunden. Die österreichische Polizei ermittelt bezüglich der Hassmails weiter gegen unbekannte Täter - es sei davon auszugehen, dass die Vorwürfe mehrere Personen betreffen, hieß es seitens der Ermittler.
Wenn Sie oder eine Ihnen nahestehende Person sich in einer psychischen Ausnahmesituation befinden oder von Suizid-Gedanken betroffen sind, wenden Sie sich bitte an die Telefon-Seelsorge unter der Telefonnummer 142. Weitere Krisentelefone und Notrufnummern finden Sie HIER.
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