Die ukrainische Stadt Enerhodar in der Nähe des russisch besetzten Atomkraftwerks Saporischschja ist am Sonntagabend von mehreren Geschossen getroffen worden. Wie in den Tagen zuvor machten einander Russen und Ukrainer für den Artilleriebeschuss gegenseitig verantwortlich. Beide Seiten veröffentlichten Videos, die zeigten, dass in Wohnvierteln zahlreiche Autos brannten (siehe oben). Unterdessen ist die lang geforderte Mission der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) aufgebrochen, um das AKW zu inspizieren.
Neun Menschen seien verletzt worden, zwei von ihnen schwer, teilte Wladimir Rogow, ein Mitglied der russischen Besatzungsverwaltung, mit. Die Ukraine wolle mit solchen Schritten einen Besuch von Experten der IAEA in dem Kraftwerk verhindern. Die Angaben waren von unabhängiger Seite zunächst nicht zu überprüfen.
Der geflüchtete ukrainische Bürgermeister von Enerhodar, Dmytro Orlow, sprach von einer Provokation: Russische Truppen hätten geschossen. Er warf Moskau „nukleare Erpressung“ vor, weil sich russische Truppen in dem AKW verschanzen. Die internationale Gemeinschaft befürchtet einen möglichen nuklearen Unfall durch die Kämpfe am größten Kernkraftwerk Europas.
IAEA-Experten sollen AKW inspizieren
Indes haben sich Experten der IAEA auf den Weg zum AKW gemacht. Die Unterstützungs- und Hilfsmission unter seiner Führung treffe „später diese Woche“ dort ein, teilte IAEA-Chef Rafael Grossi am Montag auf Twitter mit. „Wir müssen die Sicherheit der größten Nuklearanlage der Ukraine und Europas schützen“, erklärte er. Die Experten sollen Schäden und Sicherheitssysteme des im russischen Angriffskrieg mehrfach beschossenen AKW untersuchen.
Besatzer: Drohnenangriff auf AKW
Zuvor hatten russische Truppen von einem ukrainischen Angriff mit einer bewaffneten Drohne auf das besetzte Atomkraftwerk im Süden der Ukraine berichtet. Die Drohne sei abgeschossen worden und auf die Sicherheitshülle über einem Reaktor gefallen, meldete die Besatzungsverwaltung von Enerhodar am Sonntag. Die Sprengstoffladung sei detoniert, ohne Schaden anzurichten. Die Angaben waren nicht unabhängig zu überprüfen.
Die russische Seite unterstellte, dass die Drohne ein Lager für abgebrannte Brennstäbe angreifen sollte. Das größte Atomkraftwerk Europas wurde schon kurz nach Beginn des Kriegs im März von russischen Truppen besetzt. Seit Wochen wird es immer wieder beschossen, wofür sich die Ukraine und Russland gegenseitig verantwortlich machen. Daher wächst die Angst vor einer Atomkatastrophe wie 1986 in Tschernobyl.
Raketenbeschuss im Norden
Das Gebiet Riwne im Norden der Ukraine wurde nach Behördenangaben am Sonntagabend von Russland mit Raketen angegriffen. In der Umgebung der dortigen Stadt Sarny sei ein Militärobjekt getroffen worden, teilte Gebietschef Witalij Kowal auf Telegram mit. Auch ein Wohnhaus sei beschädigt worden, sagte Bürgermeister Ruslan Serpeninow. Angaben über mögliche Opfer gab es nicht.
Aktivisten aus dem Nachbarland Belarus brachten den Angriff in Zusammenhang mit dem Start mehrerer russischer Kampfflugzeuge von Flugplätzen in Belarus. Der dortige Machthaber Alexander Lukaschenko stellt den russischen Truppen sein Land als Aufmarschgebiet gegen die Ukraine zur Verfügung.
Auch im Zentrum der ostukrainischen Großstadt Charkiw schlugen am Sonntagabend zwei Raketen ein, wie Bürgermeister Ihor Terechow mitteilte. Ein Verwaltungsgebäude sei zerstört worden. Auch dort gab es zunächst keine Angaben über Opfer.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.