Wie viele Milliarden die Wien Energie am Ende brauchen wird, weiß niemand. Fix ist: Der Konzern schlitterte quasi ohne Kontrolle ins historische Finanzdesaster. Mittels Notverordnung griff der Wiener Bürgermeister dem Unternehmen mehrmals unter die Arme, jetzt soll der Bund mit mindestens sechs Milliarden Euro einspringen. Am Ende zahlen das die Wiener über Steuern selbst - zusätzlich zu den ohnehin schon dreimal so hohen Energiepreisen ab September.
Sonntagabend - Krisentreffen im Kanzleramt. Wie die „Krone“ berichtete, ist die Wien Energie in Schieflage geraten und soll mit Steuergeldern über Wasser gehalten werden. Noch am selben Abend meldete sich Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) zu Wort, ließ die Wien Energie und die Stadt Wien als Eigentümerin aber vorerst noch hängen. Hinter vorgehaltener Hand heißt es, dass es wegen des Fehlens der SPÖ-Spitzen beim Krisengipfel zu Verstimmungen gekommen sei.
Keine Alternative vorhanden
Doch könnte der Bund die Wien Energie überhaupt fallen lassen? Heimische Energieexperten bezweifeln das. In Wahrheit sei die Wien Energie mit ihren rund zwei Millionen Kunden einfach „too big to fail“. Mit anderen Worten: Kein anderer Anbieter könnte eine gleichwertige Versorgung mit Strom, Fernwärme und Gas gewährleisten - zumindest nicht alleine.
Bei der Fernwärme gibt es zum Beispiel nicht einmal eine Alternative. Also die Wien Energie zerschlagen? Das wäre eine Option, aber ein unheimlicher Kraftakt. Im Fall der Fernwärme müsste rasch eine Auffanggesellschaft gegründet werden. Und die Aufteilung der Gas- und Stromkunden auf andere Anbieter? Das könnte vom Gesetz her sogar per Losentscheid geschehen ...
Es geht um zwei Milliarden Euro - und das pro Tag
Am Montagnachmittag meldete sich in der Causa auch Wiens Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) zu Wort. Er ortet eine „unsaubere Gangart des politischen Mitbewerbers“. Gemeint damit, ganz klar: die ÖVP. Über die Abwesenheit der politischen Spitze beim Gipfel sagt Hanke zur „Krone“: „Geladen wurde zu einem Expertengespräch über technische Fragen. Diese Experten waren aus Wien auch vertreten.“
Bislang konnte Wien Energie die Sicherheiten selbst stemmen, nun aber gehe es um bis zu „zwei Milliarden Euro pro Tag“, so Hanke. Er fordert auf europäischer Ebene ein Ende der Merit Order, also jener Regelung, die den Strompreis treibt, und bei den Hilfen eine bundeseinheitliche Lösung: „Es braucht einen Schutzschirm in zweistelliger Milliardenhöhe für ganz Österreich. Auf Wien Energie werden weitere Unternehmen folgen.“
Tatsache ist: Vorerst zahlt die Bevölkerung für Wien Energie doppelt - über die horrend steigenden Rechnungen und über die diversen Finanzspritzen. Auch wenn die Politik abermals beteuert: „Das sind keine verlorenen Summen. Nach Abschluss des Geschäftes werden sie wieder zurückfließen.“
Warten auf Kommentar von Bürgermeister Ludwig
Die Wien Energie betont, keine Spekulationen zu diesem Dilemma geführt zu haben - allerdings glauben tut dies kaum ein Experte. Und einer schweigt verdächtig lange: Bürgermeister Michael Ludwig. Von Stunde zu Stunde tauchen mehr Fragen rund um dieses Milliarden-Loch auf. Denn im Juli wurden bereits heimlich 700 Millionen Euro von der Stadt Wien überwiesen. Am Montag war es noch einmal der gleiche Betrag. Wegducken wird da nicht gelingen.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.