Corona-Hass im Netz

Fall Kellermayr offenbar nur Spitze des Eisbergs

Oberösterreich
31.08.2022 17:00

Nach Drohungen von Corona-Impfgegnern beging eine Ärztin aus Seewalchen in OÖ Ende Juli Suizid. Wie sich jetzt herausstellt, war sie nicht die Einzige, die Opfer von massivem Hass im Internet wurde. Dutzende Gesundheitseinrichtungen suchten zuletzt wegen Anfeindungen Hilfe beim Verfassungsschutz. 

Der tragische Tod der oberösterreichischen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr erschütterte vor wenigen Wochen das ganze Land. Die Medizinerin aus Seewalchen hatte, wie berichtet, nach einer Reihe von Morddrohungen durch Corona-Impfgegner Suizid begangen. Während daraufhin massive Kritik an möglichen Versäumnissen der oberösterreichischen Polizei laut wurden, verteidigte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) stets das Vorgehen der Exekutive.

Dutzende Einrichtungen betroffen
Die SPÖ ging der Causa politisch mit einer parlamentarischen Anfrage an Karner auf den Grund. In seiner Beantwortung, die am Mittwoch veröffentlicht wurde, zeigt sich unter anderem: Der Fall Kellermayr dürfte in Sachen Hetze durch Corona-Leugner gegenüber dem Gesundheitspersonal nur der Eisberg gewesen sein. Denn die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) wurde diesbezüglich in den vergangenen Monaten Dutzende Male von Einrichtungen aus dem Gesundheitsbereich kontaktiert. Laut Karner wurden 38 Krankenhäuser, 31 Pharmaproduzenten und Pharmalogistiker, vier Hygieneunternehmen, fünf Sozialkrankenversicherungsanstalten sowie ein Medizintechnikunternehmen beraten.

Pläne für den Herbst
„Krankenhäuser sind der elementarste Teil kritischer Infrastruktur in einer Pandemie. Dass zusätzlich zu den Belastungen der Gesundheitskrise auch die Bedrohung der Sicherheit hinzukam, ist gerade für die Krankenhäuser eine untragbare zusätzliche Belastung“, reagiert SPÖ-Abgeordnete Sabine Schütz darauf. Sie fordert Karner auf, Pläne für den Herbst zu präsentieren, „wie bei einem Anstieg von Corona-Zahlen und möglichen Corona-Maßnahmen Gesundheitseinrichtungen vor dem Hass der Corona-Leugner effektiv geschützt werden können“.

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Ich fordere den Innenminister auf, Pläne für den Herbst zu präsentieren, wie bei einem Anstieg von Corona-Zahlen und möglichen Corona-Maßnahmen Gesundheitseinrichtungen vor dem Hass der Corona-Leugner effektiv geschützt werden können.

Sabine Schatz, SPÖ-Nationalratsabgeordnete

Sabine Schatz (Bild: APA/SP OÖ/SCHWARZL)
Sabine Schatz

Verstärkte Polizeipräsenz
Im konkreten Fall von Lisa-Maria Kellermayr skizziert Karner erstmals ansatzweise die Vorgehensweise der Exekutive, nachdem die 36-jährige Medizinerin am 22. November 2021 Anzeige wegen eines Drohschreibens erstattet hatte. Demnach sei Kellermayr noch am selben Tag schriftlich einvernommen und über ihre Opferrechte informiert worden. Zusätzlich zu Beratungen durch die Polizei „wurden als sicherheitspolizeiliche Maßnahmen eine verstärkte Bestreifung der Ordination während der Öffnungszeiten und mindestens einmal täglich eine direkte Kontaktaufnahme mit der Betroffenen bzw. dem Ordinationspersonal vereinbart“, führt Karner aus.

Ordination und Wohnung überprüft
Im Juni habe der Direktor der DSN persönliche Gespräche mit Kellermayr geführt, ehe am 1. Juli die Sicherheitsmaßnahmen von Ordination und Wohnung der Ärztin evaluiert wurden. Der Sicherheitsstandard sei „durch bauliche Maßnahmen als hoch zu bezeichnen“. Schließlich sei Kellermayr noch ein individuelles Training zum Schutz vor Übergriffen im öffentlichen Raum angeboten worden.

„Lückenlose Aufklärung“
Gegen die Droh-Schreiber werde seit Ende 2021 ermittelt - bisher erfolglos: „Bis zum Anfragezeitpunkt konnte jedoch keine Täterschaft eruiert werden.“ Sabine Schatz ist diese Auskunft jedenfalls zu wenig: „Der tragische Fall von Doktorin Kellermayr muss lückenlos und schonungslos aufgeklärt werden. Die notwendigen Konsequenzen daraus müssen jedenfalls dazu beitragen, dass es nicht mehr zu derartigen anhaltenden und untragbaren Drohungen kommen kann, ohne dass das entsprechend geahndet wird.“

Wenn Sie oder eine Ihnen nahestehende Person sich in einer psychischen Ausnahmesituation befinden oder von Suizid-Gedanken betroffen sind, wenden Sie sich bitte an die Telefon-Seelsorge unter der Telefonnummer 142. Weitere Krisentelefone und Notrufnummern finden Sie HIER.

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