Das Land Steiermark zahlt neun Millionen Euro für die Ausbildung von Jungmedizinern an einer privaten Wiener Uni. Doch dort könnte die Akkreditierung für den Masterstudiengang Humanmedizin widerrufen werden. Ein Gutachten fällt sehr kritisch aus.
Ein 122 Seiten starkes Gutachten über eine private Universität in Wien klingt nach schwerer Lektüre. Doch in diesem Fall hat die Expertise viel (politische) Brisanz, insbesondere in der Steiermark. Denn hier könnte ein teures Puzzleteil im Kampf gegen den Ärztemangel gleich nach dem Start wieder wegbrechen.
Aber von vorne: Die in der Bundeshauptstadt beheimatete Sigmund-Freud-Privatuniversität (SFU) hat beantragt, ihre Hochschulakkreditierung zu verlängern. Entscheidend dafür ist die Expertise von „AQ Austria“, der Agentur zur Qualitätssicherung im Hochschulbereich. Ende Juli legten die dortigen Gutachter ihre Einschätzung vor - und die hat es in sich.
Hier bestehen in den wesentlichen Bereichen Personal, Forschung und Infrastruktur große Abweichungen von national und international üblichen Standards.
Zitat aus dem AQ-Gutachten zum Masterstudiengang Humanmedizin
„Große Abweichungen von internationalen Standards“
Zwar soll die gesamte Uni unter Auflagen eine Akkreditierung für weitere sechs Jahre erhalten, jene für den Masterstudiengang Humanmedizin soll aber widerrufen werden. Grund: „Hier bestehen in den wesentlichen Bereichen Personal, Forschung und Infrastruktur große Abweichungen von national und international üblichen Standards.“ Angeführt wird etwa keine Erhöhung des Personalstands (während die Studierendenzahlen sich verdreifacht haben), das Fehlen einer ausgewiesenen Universität-Klinik (und daher zu später Patientenkontakt) und eine Laborfläche von nur 120 m².
„Die Gutachter*innen trauen der Privatuniversität grundsätzlich zu, einen guten Humanmedizin-Studiengang anbieten zu können“, heißt es in dem der „Krone“ vorliegenden Konvolut. Die notwendigen Korrekturen seien aber nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von zwei Jahren möglich. Empfohlen wird der Uni daher, ein neues Konzept zu erarbeiten.
Land Steiermark zahlt neun Millionen Euro
In der Steiermark sorgt das für Sorgenfalten. Denn erst im Februar präsentierte das Land eine Kooperation mit der Privatuni. Drei Jahre lang sollen je 20 Medizin-Studienplätze für junge Menschen reserviert sein, die sich verpflichten, nach dem Studium zumindest zehn Jahre lang in einem steirischen LKH zu arbeiten. Die ersten sollten heuer starten. Gesamtkosten: neun Millionen Euro! Von einer „Win-win-Situation“ sprach Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP).
Noch keine Einigung mit Med-Uni Graz
Daran gab es viel Kritik, vor allem, weil das Land eine ähnliche Regelung mit der öffentlichen Med-Uni Graz im ersten Jahr verabsäumte. Von Kommunikationsproblemen mit dem Ministerium war die Rede. Wie sieht es für das nächste Jahr aus? „Das Thema wurde angesprochen, aber noch nicht umgesetzt“, sagt Med-Uni-Rektor Hellmut Samonigg zur „Krone“. Das Land müsste den Wunsch schriftlich formulieren - und das bis Spätherbst, um alle Fristen einzuhalten.
Nächstes Thema für Sonderlandtag
Die Grünen haben die Kooperation mti der SFU von Beginn an kritisch gesehen. Sie werden nun das Thema im Rahmen einer dringlichen Anfrage in den Sonderlandtag am Donnerstag einbringen. „Die Pläne liegen schon lange auf dem Tisch. Warum setzte man nicht von vornherein auf die naheliegende und bewährte Kompetenz der Medizin Universität in Graz?", meint Klubobfrau Sandra Krautwaschl.
Verfahren noch nicht abgeschlossen
Die SFU wollte auf „Krone“-Anfrage keine Stellungnahme abgeben, da das Verfahren „keineswegs abgeschlossen“ ist. Man kann zum Gutachten Stellung zu beziehen, im Herbst soll dann innerhalb der AQ-Agentur eine Entscheidung über die Akkreditierung fallen, dann ist auch noch der Rechtsweg möglich.
Was unabhängig vom Ausgang gilt: Jene Studierenden, die ihr Studium bereits begonnen haben, sollen dieses jedenfalls abschließen können. Das trifft auch auf jene 20 zu, die heuer im steirischen Stipendienprogramm sind. Die Kages betont zudem, dass man das Geld nicht an die Uni überweist, sondern direkt an die Stipendiaten. Man habe also keinen finanziellen Vertrag mit die SFU.
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