Skandal um Horror-Hof

Landwirt: „Habe meine Überforderung nicht erkannt“

Tierecke
15.09.2022 08:36

Bereits vor neun Jahren war ein Mastbetrieb im Bezirk St. Pölten durch Missstände in der Tierhaltung aufgefallen. Trotz Anzeigen durch den Verein gegen Tierfabriken (VGT) war es nur zu behördlichen Maßnahmen gekommen, die sich im Nachhinein als völlig unzureichend herausstellten. Denn in den vergangenen Tagen wurden zahlreiche verwahrloste, abgemagerte Tiere zwischen den Kadavern ihrer Artgenossen entdeckt. Der Aufschrei war groß, dank „Krone Tierecke“ kam Bewegung in die Sache. Nun meldete sich jener Landwirt zu Wort, der die Tierwohl-Katastrophe zu verantworten hat.

Das System in Österreich kränkelt, so viel ist klar. Denn im Moment wird ein Betrieb durchschnittlich alle 50 Jahre vom Amtstierarzt kontrolliert, wie SPÖ-Tierschutzsprecher Dietmar Keck in einer Aussendung hervorhob. Betreuungstierärzte, die jeder Hof beschäftigt, würden vom Bauern selbst ausgesucht. Dieses "System der Selbstkontrolle" müsse zu einem "System der Verantwortung" werden, so der Politiker. Und Helga Krismer, die Landessprecherin der Grünen, sieht ein "System des Schweigens und Wegschauens" angesichts der Zustände in dem Tiermastbetrieb.

„Krone Tierecke“ war vor Ort
Der Fall schockiert, die Bilder sind selbst für Hartgesottene schwer auszuhalten: Dutzende Schafe, Ziegen und Rinder, die unter fürchterlichen Bedingungen vor sich hinvegetieren, stehen rund um die Uhr in ihren eigenen Fäkalien. In jeder Bucht liegt mindestens ein Kadaver, manche davon bereits mumifiziert. „Krone“-Tierexpertin Maggie Entenfellner war am Dienstag mit dem VGT vor Ort, um den Tierhalter zur Rede zu stellen - vergeblich. Sie zeigte sich erschüttert: „Schlimmer geht es eigentlich nicht mehr!“ Doch die Expertin ließ nicht locker und konnte eine schriftliche Stellungnahme von dem Horror-Landwirt einholen.

Landwirt zur „Krone“: „War überfordert!“
Der Tierhalter, der bereits dem von Maggie Entenfellner mobilisierten Landesrat für Tierschutz in Niederösterreich, Gottfried Waldhäusl, die Authentizität der Bilder bestätigt hatte, bereut der „Krone Tierecke“ gegenüber die Zustände auf seinem Hof: „Ich bedaure sehr, dass wir nicht erkannt haben, dass uns die arbeitswirtschaftliche Situation am Hof und gesundheitliche Rückenprobleme meinerseits im vergangenen halben Jahr wieder massiv überfordert haben. Mir ist bewusst, dass dies keine Entschuldigung dafür ist, dass die Tierversorgung nicht ausreichend war.“ Er wolle nun mit den Behörden zusammenarbeiten und notwendige Veränderungen im Betrieb vornehmen.

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Ich weiß, dass wir in dieser Form nicht weitermachen können.

Der betroffene Tierhalter zur "Krone Tierecke"

Behörden weiterhin schlampig?
Wie kann es sein, dass über einen langen Zeitraum so ein Missstand unbeachtet bleiben kann? Vor allem, wenn der Hof bereits amtsbekannt war? Zwar hatte noch am Dienstag ein weiterer Lokalaugenschein am Ort des Geschehens stattgefunden - in einer Sofortmaßnahme stellte man den Vierbeinern Einstreu zur Verfügung. Akuten Handlungsbedarf im Sinne einer sofortigen Abnahme sah man aber darüber hinaus nicht, was für starke Kritik durch Tierschützer sorgte. Auch strafrechtliche Ermittlungen sind in der Causa nicht angelaufen.

„Krone“-Tierexpertin Maggie Entenfellner war am Dienstag mit dem VGT vor Ort beim Horror-Stall. (Bild: Imre Antal, Krone KREATIV)
„Krone“-Tierexpertin Maggie Entenfellner war am Dienstag mit dem VGT vor Ort beim Horror-Stall.

Bezirkshauptmannschaft rechtfertigt sich
Gottfried Waldhäusl hatte in einer ersten Reaktion angekündigt, sich um die sofortige Klärung der Vorwürfe zu bemühen. Er wolle er wissen, wer im konkreten Fall weggeschaut hat und dafür die Verantwortung trägt - Anzeigen sollen auf die lückenlose Aufklärung folgen. Maggie Entenfellner lobt den Einsatz des Landesrates, stellt aber auch fest: „Es braucht anscheinend immer medialen und damit öffentlichen Druck, damit bei solchen Tierquälereien endlich eingeschritten wird!“ Bezirkshauptmann-Stellvertreter Christian Pehofer erklärt das Vorgehen seiner Behörde übrigens damit, dass die amtstierärztlichen Kontrollen zuletzt 2019 und 2020 keine Auffälligkeiten ergeben hätten. Das Land Niederösterreich fordert dennoch einen Bericht zu den Vorkommnissen.

„Krone Tierecke“ wird Hof-Katzen versorgen
Ein ganz eigenes Kapitel in diesem Trauerspiel sind die zahlreichen unkastrierten Katzen und Kater am Hof - ein weiterer klarer Verstoß gegen geltende Gesetze, denn die Freigänger pflanzen sich unkontrolliert vor. Maggie Entenfellner nimmt sich gemeinsam mit Andrea Specht vom Tierheim Krems der Tiere an, lässt diese einfangen und tierärztlich versorgen. Anschließend werden die Vierbeiner bei Bedarf im Katzenhaus der „Krone Tierecke“ untergebracht. „Mir drehte es beim Anblick der Bilder aus dem Stall den Magen um“, so die Expertin. „Schnelle Hilfe war mir ein persönliches Anliegen! Zumindest die Katzen kann ich sofort in Sicherheit bringen.“

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