Rund 33.000 Teilnehmer

ÖGB-Großdemos gegen Teuerung in ganz Österreich

Wien
17.09.2022 18:25

Bevor kommende Woche die Herbstlohnrunde startet, hat der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) am Samstag zu landesweiten Großdemonstrationen gegen die Teuerung mobilisiert. Insgesamt nahmen nach Gewerkschaftsangaben bei unwirtlichem Wetter 32.600 Menschen an den Protestzügen teil, die in allen Bundesländern abgehalten wurden. Die mit Abstand größte Demonstration war jene in Wien vom Schweizer Garten zum Karlsplatz, zu der rund 20.000 Menschen kamen. Gefordert wurden höhere Löhne, Maßnahmen gegen die Inflation und eine Übergewinnsteuer.

Die Konzerne würden nicht warten, wenn die Menschen ihre Rechnungen nicht bezahlen, sagte AK-Präsidentin Renate Anderl bei der Abschlusskundgebung am Karlsplatz. Deshalb müsse die Regierung jetzt handeln. „Nehmen Sie das Geld dort, wo es sprudelt“, appellierte sie in Richtung Regierung und forderte, Übergewinne zu besteuern.

„Kein Abschluss unter der rollierenden Inflation“, gab ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian dann die Devise für die anstehenden Kollektivvertrags-Verhandlungen aus. Er fordert weiters ein Wärmepaket für den Winter, inklusive Gaspreisdeckelung. Zudem dürften Mieten nicht weiter erhöht werden und das Merit-Order-Prinzip an den europäischen Strombörsen müsse ausgesetzt werden.

„Regierung ignoriert Vorschläge“
Auch zum Auftakt hatten mehrere Redner die Demo-Teilnehmer auf die Forderungen des Gewerkschaftsbundes eingestimmt und dabei nicht mit Kritik an der Regierung gespart. Diese habe Vorschläge der Gewerkschaften, wie die Teuerung bekämpft werden kann, immer wieder ignoriert, so Ingrid Reischl, Leitende Sekretärin des ÖGB. Es brauche eine Energiepreisbremse statt nur einer Strompreisbremse. Mit Blick auf die letzten Jahrzehnte forderte die Gewerkschafterin zudem einen Stopp der Liberalisierung.

Bilder von der Demo in Wien:

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Younion, Christian Meidlinger, kritisierte dann, dass Konzerne zum Teil riesige Übergewinne erwirtschaften, während viele Menschen sich das Leben nicht mehr leisten könnten. „Das ist eine Sauerei, die gehört abgeschafft“, so Meidlinger, der ein Aussetzen der Mehrwertsteuer sowie das Einsetzen einer Preiskommission forderte.

Die Kundegebung in Innsbruck (Bild: Birbaumer Christof)
Die Kundegebung in Innsbruck
Die ÖGB-Demo in Linz (Bild: APA/FOTOKERSCHI.AT/KERSCHBAUMMAYR)
Die ÖGB-Demo in Linz

Van der Bellen unterstützt ÖGB-Anliegen
Der ÖGB bekam unmittelbar vor Beginn der Großdemonstrationen auch Unterstützung von höchster politischer Stelle. Bundespräsident Alexander Van der Bellen teilte auf Twitter mit, dass er die Anliegen der Kundgebungen unterstütze. Die grassierende Teuerung und ihre Folgen setzten gerade viele Arbeitnehmer „massiv unter Druck“, betonte der Bundespräsident: „So wie wir als Gemeinschaft regulierend in die Energiepreise eingreifen, müssen wir auch eine soziale Absicherung gegen die Teuerung schaffen“.

Teilnehmen an den Kundgebungen wird Van der Bellen nicht, weil er als Bundespräsident nicht zu Demonstrationen gehe, dafür in der Hoffnung der Gewerkschaft Zehntausende andere. Der Pensionistenverband etwa sagte heute ein weiteres Mal seine aktive Teilnahme zu, ebenso diverse Abgeordnete der SPÖ. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) unterstützte die Proteste ausdrücklich.

Der Termin für die Großkundgebungen ist nicht zufällig gewählt, startet doch kommende Woche die Herbstlohnrunde. Angesetzt sind die Kundgebungen außer in der Steiermark überall in der jeweiligen Landeshauptstadt. In der Steiermark weicht man dem „Aufsteirern“ in Graz aus und trifft sich in Bruck/Mur, wo sich auch der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried einfinden wird.

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian spricht ebenso wie AK-Chefin Renate Anderl in Wien, PRO-GE-und FSG-Vorsitzender Rainer Wimmer tritt in Linz auf, GPA-Chefin Barbara Teiber in St. Pölten. Keinen Auftritt hat der Chef der Christdemokraten und Vorsitzende der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, Norbert Schnedl. Die Demo werde aber von allen Fraktionen in der Gewerkschaft unterstützt, betonte der ÖGB.

Keine Zwischenfälle
Angekündigt bei den Demonstrationen hatten sich auch Rechtsextreme bzw. Corona-Leugner sowie Vertreter aus der autonomen Szene. Vor allem von den rechtsradikalen Gruppierungen hat sich der ÖGB im Vorfeld deutlich distanziert und eine enge Kooperation mit der Exekutive betont. Rechtsextreme oder Corona-Leugner traten zumindest nicht öffentlich erkennbar in Erscheinung. Laut Polizei kam es zu keinen nennenswerten Vorfällen. Vom „schwarzen Block“ wurde bei der Karlskirche allerdings ein Transparent („Klassenkampf statt Sozialpartnerschaft“) angebracht.

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