Er ist Mediziner, Musiker und kandidiert als Bundespräsident. Er kämpft für mehr Solidarität und findet, man kann auch als Bundespräsident einmal lästig sein und nachfragen. An Willi Resetarits würde er posthum als Erstes einen Orden verleihen. Die „Krone“ traf Dominik Wlazny (35) in Salzburg zum Interview.
„Krone“: Haben Sie das Bier mit dem Bundespräsidenten schon getrunken?
Dominik Wlazny: Nein, leider nicht. Ich bin ein bisschen enttäuscht, weil die Einladung deutlich im Raum stand. Ich habe Alexander Van der Bellen auch klar aufgefordert, sich zu melden. Dass er sich nicht gemeldet hat, finde ich schade.
Bundespräsident Van der Bellen eröffnet jährlich die Salzburger Festspiele. Dieses Jahr mit einer durchaus gesellschaftskritischen Rede. Wie würden Sie diese Rede als Präsident anlegen?
Ich würde mir bei all dem gebotenen Respekt vor der Veranstaltung kein Blatt vor den Mund nehmen und vielleicht auch nicht fünf Jahre mit einer kritischen Rede warten. Ich würde das schon im ersten Antrittsjahr machen. Natürlich nur dann, wenn es sich lohnt, sich über gewisse Themen auch kritisch zu äußern.
Stichwort Wahlkampf: Sie hielten es mit ihrer Werbeplakat-Serie klein und selbstgemacht. Insgesamt gibt es 27 Plakate. Die stehen nur in Wien, während die anderen Kandidaten in ganz Österreich von Plakatständern- und Wänden lachen. Wen und was bekommen die Salzburger, wenn sie Dominik Wlazny wählen?
Ja, die Plakate stehen nur in Wien. Das hat aber logische Gründe: Das kleine Budget und dass nicht das ganze Land mit den gleichen, nichtssagenden Sujets zugepflastert sein muss. In Wien sind sie für mich praktisch aufzustellen, die Plakate gelten aber für alle in Österreich. Und die Themen, die ich anspreche, gehen auch alle etwas an. Es ist kein rein Wiener Ding, dass Frauen jedes achte Jahr gratis arbeiten. Es ist jedes Bundesland von der Teuerung betroffen. Auch wenn einige hundert Kilometer dazwischen legen - in Vorarlberg haben die Menschen oftmals die gleichen Sorgen wie in Wien. Das ist auch keine Frage des Alters.
Die Dinge, die ich anspreche, empfinde ich als gesamtgesellschaftliche Themen, die man angehen muss. Auf einem meiner Plakate steht zum Beispiel: Die Durchschnittspension liegt in etwa auf der Höhe der Armutsgrenze, die von Frauen liegt noch einmal deutlich darunter. Diese Aussage geht nicht nur die Alten etwas an, sondern auch die Jungen. Denn die werden auch einmal alt. Ich bin fest davon überzeugt, dass das, was ich sage, für jeden in dem Land gilt. Egal ob er wählen darf, oder nicht.
Für was steht Dominik Wlazny?
Ich stehe für Gesprächsbereitschaft, offenen Diskurs und Solidarität. Vor allem in Zeiten der Krise ist Solidarität das einzige Mittel, um die Krise zu überwinden. Wenn man jetzt die Gesundheitskrise hernimmt: Da sind wir gescheitert, weil sich die Leute entsolidarisiert haben. Zu Beginn haben alle an einem Strang gezogen. Dann kam wieder das „Ich, Ich, Ich“ durch. In der Teuerungskrise ist es auch ähnlich. Wir müssen denen zuerst helfen, die sich jetzt wirklich nichts mehr leisten können. Und anstatt zu versuchen, alle im Land glücklich machen zu wollen, müssen wir einen Schritt zurück gehen und uns sagen: „Es gibt jemanden, der das jetzt dringender braucht, als ich“.
Dieser Solidaritätsgedanke ist der einzige Weg, wie wir diese multiplen Krisen überwinden können. Das ist meine persönliche Überzeugung. Darüber hinaus stehe ich für: „red ma drüber“. Man muss alles ansprechen, auch die unangenehmen Dinge. Das ist nicht immer populär, vor allem nicht bei unangenehmen Themen. Aber wenn man es nicht anspricht, wird sich nie etwas ändern. Ich sehe in der Politik den Misswillen, Dinge so zu sagen, wie sie sind. Die Leute sind nicht blöd. Die Leute wissen schon, wie es ist.
Politiker versuchen oft in den Meinungsumfragen da zu bleiben, wo sie sind oder alte Zahlen wieder zu erreichen. Die Verantwortung von wirklich verantwortungsvollen Politikern wäre, den Leuten auch zu sagen, was sie nicht hören wollen. Das Problem ist ja nicht einfach nur weg, weil man es nicht anspricht.
Laut aktuellen Umfragen hat ihre Bierpartei deutlich an Unterstützung gewonnen. Sie liegt gleichauf mit den Neos - bei acht Prozent. Ist der aktuelle Wahlkampf für Sie ein Zwischenwahlkampf, um ihre Popularität zu steigern?
Nein, es ist der Wahlkampf, der er ist. Es geht ums Amt des Bundespräsidenten. Den will ich gewinnen. Ich mache mit, weil es die Bundespräsidentenwahl ist. Selbst wenn auf meinen Plakaten Dinge stehen, die nicht im unmittelbaren Einflussbereich des Bundespräsidenten sind, ist es mir wichtig, sie anzusprechen. Auf einem Plakat von mir steht zum Beispiel: Warum stehen in Tirol 14000 Skiliftmasten und warum kein einziges Windrad? Dann lese ich auf orf.at: „Es wird auch in Tirol Windräder geben“.
Das bestätigt mich darin, Themen anzusprechen, auch wenn es vielleicht in diesem Wahlkampf nicht üblich ist. Weil man überall nur „Heimat, Vernunft, Stabilität, Kompromisslos“ und solche nichtssagende Worte findet. Ich verstehe, dass das ungewohnt ist, weil das sonst niemand gemacht hat. Ich finde es aber wichtig, dass die Themen jetzt angesprochen werden.
Das ist kein Einmischen ins Tagesgeschäft, das ist einfach - hackln.
Wlazny über die Ausübung des Amtes als Bundespräsident.
Würde Bundespräsident Wlazny auch zum jeweiligen Minister gehen und solche Themen ansprechen?
Man sieht jetzt, was für Probleme entstanden sind, weil man die erneuerbaren Energien nicht forciert hat. Wenn ich mit Experten rede, die mir sagen, dass wir das forcieren müssen, ich aber gleichzeitig merke, dass das in der Regierung nicht forciert wird, würde ich anrufen. Ich würde anrufen und sagen: „Was ist da? Wie schauts aus? Damma wos oda ned?“ Ich finde das legitim, das muss ja nicht immer der erhobene Zeigefinger oder das Auf-den-Tisch-hauen und Mahnen sein. Es kann auch ein positives Auffordern sein, dass man die Thematik angehen muss.
Anderen Präsidentschaftskandidaten werfen mit irgendwelchen Drohszenarien und den Möglichkeiten, die der Präsident hat, um sich. Weil sie wissen, dass das in manchen Reihen sehr gut ankommt. Das Amt gibt aber sehr viel mehr her. Auch sehr viel positive Beeinflussung. Weil das Wort des Präsidenten sehr viel wiegt. Man kann viele Dinge anstoßen. So wie das Tiroler Windradl. Jetzt reden wir wenigstens drüber. Das ist sicher nicht zu hundert Prozent mein Verdienst, aber ein bisserl sicher.
Im Moment sehe ich genau diesen positiven Nutzen, die Kraft der Worte, ungenutzt. Deswegen bin ich so motiviert, das anders zu machen. Das heißt jetzt aber auch nicht, dass ein Bundespräsident alles kommentieren muss. Wenn es fundamentale Dinge anzusprechen gilt, dann soll er das tun. Das ist kein Einmischen ins Tagesgeschäft, das ist einfach - hackln (lacht).
Sie haben viele Ideen. Könnten sie als Minister oder Mitglied im Parlament nicht eher ihre Ideen und Vorschläge umsetzen?
Das hängt viel mit der Würde des Amtes zusammen. Das Bild der Bevölkerung ist das: Der Bundespräsident macht Angelobungen, empfängt Staatsgäste, macht viele repräsentative Dinge. Das verbindet man oft mit der Würde des Amtes. Ja, das kann ich auch. Ich kann mit Besteck essen, ich kann mir sogar einen Anzug anziehen und ich habe sogar einen Tanzkurs gemacht, damals in Niederösterreich in meiner Schulzeit. Das Repräsentieren, das kann ich. Das, was für mich viel mehr wiegt hinsichtlich der Würde des Amtes, ist dieses Amt mit deutlichen Werten zu füllen. Und zwar mit Werten, für die man einsteht, ganz egal welche äußeren Einflüsse einwirken, und die man auch vertreten kann.
Ich kandidiere, um meine Werte unabhängig von Parteiapparaten, Regierungsdenken, Parlamentsklubs und irgendwelchen externen Geldgebern vertreten zu können und mich dabei nicht verbiegen zu müssen. Weil ich niemandem etwas schuldig bin, außer den Leuten, die mich wählen. Das ist für mich die Würde des Amtes. Repräsentieren - ok, das krieg ich hin. Das andere ist aber, sich und seinen Werten und das, für das man steht, selbst treu zu bleiben. Und deshalb ist es genau die richtige Wahl und deswegen bin ich dort auch super aufgehoben.
Wie groß ist der Anteil der Österreicher, denen Dr. Dominik Wlazny ein Begriff ist?
Ich war vor zwei Wochen in der Steiermark laufen und hab am Ende eines Tals einen alten Bauer auf seinem Traktor sitzen gesehen. Ich bin vorbeigelaufen und er hat mir gewunken. Da hab ich zurückgewunken, weil ich mir gedacht habe, das macht man hier so. Dann hat er den Daumen gehoben und ich hab ihm den Daumen zurück gezeigt. Danach hat er die Faust erhoben. Und da hab ich gewusst, oh er meint mich als Politiker. Und er will mir gerade seinen Mut zusprechen.
Die Durchdringung meiner Person ist inzwischen glaub ich sehr hoch. Es ist überall angekommen und die Leute kennen mich jetzt schon. Das sind in Wahrheit wahrscheinlich viel, viel mehr, als jene, die mit meiner Musik und der Kunstperson in Berührung gekommen sind. Das sind die, denen man erst einmal vor Augen führen muss, was ich parallel dazu eigentlich noch gemacht hab. Die, die mich jetzt einmal als den Kandidaten, der ein bisschen anders ausschaut, wahrnehmen.
Aber ja, natürlich hat ein gewisser Bekanntheitsgrad nicht nur angenehme Seiten. Sich im öffentlichen Raum nur noch bedingt frei fortbewegen zu können - damit muss man auch umgehen lernen. Aber ich stehe schon relativ lang in der Öffentlichkeit, es ist nicht so, als wäre das von heute auf morgen passiert. Das war ein schleichender Prozess und ich bin auch im Reinen damit. Ich weiß, dass das damit einhergeht, wenn man so ein Amt anstrebt. Es ist ja auch wichtig, schließlich soll einen ja jeder im Land kennen.
Sie haben zuletzt in einem TV-Interview gesagt, dass Sie den ein oder anderen Politiker als Bundespräsident nicht angelobt hätten. Warum?
Weil die Eignung für die Ämter nicht vorlag. Die Kompetenz im Fachgebiet ist dabei nur ein Baustein. Es geht auch darum, wo will ich hin mit dem Amt und um Integrität. Die sehe ich beispielsweise beim Herrn Karner, der vorher Schirmherr des Dollfuß-Museums war, nicht. Aber das ist auch Schnee von gestern. Das ist ein wenig das Problem in der Politik, das ich sehe. Es geht viel um gestern, um das, was war. Das viel größere Problem ist aber, dass die Politik nicht nach vorne schaut. Und wenn, dann nur bis zum nächsten Wahltermin. Die Probleme - die wirklich großen - sind nur bewältigbar, wenn man nicht nur bis zum nächsten, sondern bis zum fünften Wahltermin danach schaut. Das muss man mutig angehen.
Zu den alten Ministern habe ich eine klare Meinung, die waren sicher nicht sonderlich geeignet. Da fordere ich, dass in Zukunft transparent und unabhängig geschaut wird, sind die Leute fähig, den Job gut zu machen. Dann spart man sich auch das ständige Durchleuchten der Tapetentür.
Wie soll dieser Eignungstest aussehen?
Es geht nicht um Eignung per se - im Sinne von fachlicher Kompetenz, sondern da gehört auch die Auslegung des Amtes und Ambitionen und Visionen dazu. Das möchte ich in einer unabhängigen und transparenten Kommission abgebildet sehen, um hier auch noch einmal eine Kontrollstufe zu haben. Die Entscheidung, wer das Amt bekommt, sollten nicht die Bundesländer haben. Es sollte nicht möglich sein, dass Ministerin Aschbacher ernannt wird und man dann hört „die Steirer wollten das“. Nichts gegen die Steiermark, ich liebe die Steiermark. Aber ein Bundesland kann doch nicht der maßgebliche Grund sein, dass da jemand in ein Ministeramt kommt.
Ob ich ihn bestehen würde? Das weiß man, wie so oft vor einem Test, nicht. Aber ich würde ihn auf jeden Fall machen.
Dominik Wlazny über den Eignungstest für Politiker
Und ich habe ganz bewusst das Wort Eignungstest verwendet, um den Diskurs anzustacheln. Wenn ich auf ein Plakat schreibe „wir brauchen eine unabhängige und transparent agierende Kommission, die nicht von mir eingesetzt wird, um die Leute, die auf Minister-Posten sitzen, abzuklopfen“, dann redet keiner darüber. Es war mir wichtig, dass das Ganze in den Fokus rückt. Und das ist mir damit gelungen. In jeder Firma gibt es eine Personalabteilung. Sogar in meiner kleinen Firma gibt es mehrere Stufen für Bewerber.
Würden Sie den Eignungstest bestehen?
Ich würde ihn auf jeden Fall machen. Ob ich ihn bestehen würde? Das weiß man, wie so oft vor einem Test, nicht (lacht). Aber ich würde ihn auf jeden Fall machen.
Eine der Aufgaben des Bundespräsidenten ist die Verleihung von Ehrenzeichen. Wer würde Ihrer Meinung nach ein Ehrenzeichen verdienen?
Posthum das größte Verdienstzeichen für Willi Resetarits! Weil ich der Meinung bin, dass das Land viel mehr Leute seines Schlages braucht. Jemand, der das Herz am rechten Fleck hat und sich einfach für die Leute einsetzt. Jemanden, der sich selbst so weit hinten anstellt und so viel tut für Leute, denen es so viel schlechter geht. Das ringt mir sehr viel Respekt ab.
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