Wegen Korruption
EU-Kommission will Ungarn 7,5 Mrd. Euro kürzen
Wegen Korruption und anderer Verstöße gegen den Rechtsstaat in Ungarn hat die Europäische Kommission vorgeschlagen, dem Land Zahlungen in Höhe von rund 7,5 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt zu kürzen. Es ist das erste Mal, dass die Brüsseler Behörde wegen Mängeln im Rechtsstaat eines EU-Staates einen solchen Schritt macht.
Das teilte EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn am Sonntag in Brüssel mit. Das Geld aus dem EU-Haushalt sei in Ungarn nicht ausreichend vor Missbrauch geschützt, so der Österreicher. Zugleich würdigte er die Zusagen, die die ungarische Regierung zuletzt gemacht hatte, um die bestehenden Unzulänglichkeiten zu beseitigen: „Ungarn hat sich tatsächlich bewegt.“ Das Land müsse die Zusagen nun aber auch umsetzen. Konkret hat Budapest in den vergangenen Wochen unter anderem angekündigt, eine neue Behörde für den Kampf gegen Korruption einzurichten.
Die EU-Kommission wirft Ungarn unter Regierungschef Viktor Orban seit Jahren vor, EU-Standards und -Grundwerte zu untergraben. Die Behörde startete etliche Vertragsverletzungsverfahren und verklagte Ungarn mehrfach vor dem Europäischen Gerichtshof - ohne bisher jedoch ein Umdenken in Budapest zu erreichen.
„Risiko von Freunderlwirtschaft wird nicht angegangen“
Der Bericht über den Zustand des Rechtsstaats in Ungarn von Juli liest sich entsprechend verheerend: Es gebe Unzulänglichkeiten „in Bezug auf Lobbying, Drehtüreffekte sowie Parteien- und Wahlkampffinanzierung“; unabhängige Mechanismen, um Korruption aufzudecken, reichten nicht aus; die Rede ist von einem Umfeld, „in dem die Risiken von Klientelismus, Günstlings- und Freunderlwirtschaft in der hochrangigen öffentlichen Verwaltung nicht angegangen werden“.
Eingeleitet hatte die Behörde unter Ursula von der Leyen das Verfahren nach dem sogenannten EU-Rechtsstaatsmechanismus bereits im April. Dieser ist seit Anfang 2021 in Kraft und soll dafür sorgen, dass Verstöße gegen rechtsstaatliche Prinzipien wie die Gewaltenteilung nicht mehr ungestraft bleiben. Entscheidend dabei ist, dass durch die Defizite ein Missbrauch von EU-Geldern droht. Konkret sollen nun nach dem Vorschlag vom Sonntag 65 Prozent aus drei Programmen zur Förderung benachteiligter Regionen einbehalten werden: rund 7,5 Milliarden Euro.
Fakten
Ungarn hatte zuletzt etwas Kompromissbereitschaft gezeigt, räumte die Bedenken der Behörde aber nicht aus. Deshalb leitete sie nun den nächsten Schritt in dem Rechtsstaatsverfahren ein. Zudem blockiert die Behörde derzeit mehrere Milliarden Euro an Corona-Hilfen für Ungarn. Es ist das einzige Land, das sich bisher nicht mit der EU-Kommission auf einen Plan für die Verwendung des Geldes einigen konnte.
Ungarn: Wird nicht zu Kürzungen kommen
Um dem Land tatsächlich Geld aus dem EU-Haushalt zu kürzen, müssten dem Vorschlag nun mindestens 15 Länder mit mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung zustimmen. Die ungarische Regierung zeigte sich am Sonntag jedoch überzeugt davon, dass es zu den angedrohten Mittelkürzungen nicht kommen werde.
„Wir sind nicht deshalb Verpflichtungen eingegangen, um die Europäische Kommission zu benebeln“, erklärte Ungarns Chefverhandler Tibor Navracsics bei einer Pressekonferenz in Budapest. Der ungarischen Regierung komme es nicht in den Sinn, die von ihr eingegangenen Verpflichtungen nicht zu erfüllen.
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