Das Aufsteirern 2022 ist Geschichte! 120.000 Besucher strömten am Sonntag in die Grazer Innenstadt. Für die einzigartige Atmosphäre sorgten Handwerker, Musikerinnen, Tänzer und Köchinnen. Ein Blick hinter die Kulissen des größten Volkskultur-Festivals des Landes.
Tausende Musiker, Tänzerinnen, Gastronomen und Handwerkerinnen sorgten für eine einzigartige Atmosphäre beim Aufsteirern. Vier von ihnen holen wir stellvertretend vor den Vorhang.
Erwin Jarorsky: Der Korbflechter
Zirka 50 Cent - so hoch schätzt Erwin Jaworsky aus Reigersberg bei Ilz seinen Stundenlohn ein, den er für einen fertig genähten Strohkorb bekommt. „An so einem Werk sitze ich nämlich gut 50 Stunden“, sagt der Oststeirer. „Man kann vom Kunden gar nicht das verlangen, was er wirklich wert ist.“
In der Grazer Innenstadt zeigt er vor viel Publikum das Handwerk, das er noch von den Großeltern gelernt hat - die das wiederum von ihren Vorfahren übernommen haben. „Das Stroh dafür wurde trocken aufbewahrt. Und vor der Verarbeitung dann zwölf Stunden in Wasser gelegt.“
Auch wie man einen Weidenkorb flechtet, zeigt er, der noch eine Landwirtschaft betreibt, gerne vor: „Dafür nimmt man frische Zweige, die gut biegsam sind.“ Gebraucht wurden einst viele solcher Körbe, „weil man alles darin aufbewahrt hat, vom Obst bis zum Erdapfel, auch zum Transportieren gab es sonst nicht viele Möglichkeiten.“ Heute gibt Jaworsky in Kursen (etwa im Freilichtmuseum Stübing) sein altes Wissen weiter - und es gibt daran reges Interesse. Amüsant findet er: „Früher war die Korb-Erzeugung die Winterarbeit der Bauern. Heute kommen sicher zu 80 Prozent Frauen in unsere Kurse.“
Maria Lang: Die junge Polkatänzerin
Drei Dirndlkleider hängen im Schrank von Maria Lang, sogar ein edles Exemplar aus Seide ist dabei. „Dieses ist besonders hübsch“, erzählt die zehnjährige Bruckerin stolz. Dass es am Sonntag das blau-rosarote Veitscher Dirndl wird, stand aber von Vornherein fest: „Im Rahmen des Aufsteirern-Festes haben wir heute einen Auftritt mit unserer Kindertanzgruppe, da tragen wir natürlich alle das Gleiche, das schaut schöner aus.“
Die blonden Haare zu zwei hübschen Zöpfen geflochten, wird Maria gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen vom Trachtenverein Rossecker gleich die Bühne am Grazer Tummelplatz betreten - von Nervosität keine Spur: „Ich glaub, ich habe schon getanzt, bevor ich noch gehen konnte“, lacht die junge Routinierin, „ein Leben ohne Tanz kann ich mir nicht vorstellen“.
Das fleißige Üben hat sich gelohnt. Für die fehlerfrei absolvierte Krebspolka gibt’s viel Applaus, beim Spitzbuam-Plattler zeigt dann der männliche Vereinsnachwuchs, wie kinderleicht Volkskultur heutzutage gelebt werden kann. Erschöpft und zufrieden sammeln sich die Mädchen und Buben nach getaner Arbeit nun hinter der Bühne. Es wird viel gekichert, die weißen Stutzen werden nach unten geschoben. Ob nun beim Nachhausefahren auch Volksmusik gehört wird? „Nein!“, sind sich die Mädchen einig. „Jetzt hören wir Popmusik oder eine Geschichte von Bibi und Tina!“
Herbert Gangl: Der musikalische Stammgast
Volkskultur aus Leidenschaft - das lebt Herbert Gangl mit seiner Knöpferlstreich Tag für Tag. Beim Aufsteirern ist die Gruppe längst Stammgast. „Seit 2006 waren wir immer dabei“, erzählt der Sankt Radegunder. Dabei war er ein Spätberufener. „Ich hab erst mit 20 die steirische Harmonika gelernt, dann hab ich bei der Blasmusik die Tuba gespielt.“
Bekannt ist Gangl aber als Kontrabass-Spieler der Knöpferlstreich. „Wir haben keinen Bassgeiger gehabt. Da war ich 30. Dann hab ich eine Lehrer-Stunde genommen und mir den Rest selber beigebracht.“ 60, 70 Auftritte spult die Gruppe im Jahr herunter, sie gilt auch als steirischer Botschafter. Viermal waren Gangl & Co. schon in den USA, von Zürich bis München sind sie stets unterwegs.
Eines betont der Musiker: „Wir spielen authentische, traditionelle Volksmusik, ohne Verstärker. Und wir bleiben dieser Linie auch in Zukunft treu.“
Helga Schrempf: Die Krapfen-Spezialistin
Beim Aufsteirern gab es unter all den Speisen natürlich auch diese obersteirische Spezialität: Krapfen mit Ennstaler Steirerkas - mit diesem herrlichen, unverwechselbaren Käse, der im Sommer auf der Alm aus Milch von glücklichen Kühen hergestellt wird. Den Teig macht Helga Schrempf, aus deren Hand schon viele Köstlichkeiten entstanden sind, aus „Roggenmehl, Salz, Milch“.
Und sie erklärt auch, dass Zutaten in Zeiten, in denen die Religion eine ganz starke Rolle auch in der Gesellschaft gespielt hat, viel mehr waren als „nur“ Zutaten. Krapfen aus Germ waren den Evangelischen zugeschrieben, jene aus Roggen den Katholiken. Und wenn ein Bursch in den Haushalt eines Mädels kam, das ihm gefiel, dann wusste er mit dem Gebäck auf dem Tisch gleich, was es religiös hier geschlagen hatte.
Beim Aufsteirern waren Glaubensbekenntnisse allerdings völlig ohne Bedeutung - und der Ennstaler Steirerkrapfen war genau das, wofür er berühmt ist: eine Köstlichkeit, die auf der Zunge zergeht.
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