Wird es der „Totalabsturz“ oder nicht, fragte man sich in Österreich sonntags mit Blick auf Tirol: Er wurde es nicht. Dennoch fiel die ÖVP bei den Landtagswahlen um rund zehn Prozentpunkte - von 44 auf rund 34 Prozent der Stimmen - auf ein historisches Tief. Was bedeutet das nun für den Bund?
Eine Niederlage als Sieg zu verkaufen sei paradox, sagt Politologe Peter Filzmaier. Dennoch tut das die ÖVP. „Mattle hat im Vorfeld die Latte bewusst sehr niedrig gelegt. Insofern sitzt er nun auch fest im Sattel“, sagt der Politikprofessor von der Donau-Uni Krems, der jedoch nicht von einem Erfolg für die seit dem Zweiten Weltkrieg dominante Volkspartei spricht. Dies wäre auch absurd. Schließlich habe man das schlechteste Wahlergebnis aller Zeiten eingefahren.
Die Tiefstapelei verschafft Atempausen
Der noch amtierende Landeshauptmann Günther Platter hatte 2018 mehr als 44% eingefahren. Wohl auch die Umfragetiefs nötigten ihn - nebst Drohungen von Corona-Maßnahmen-Kritikern - zum Rückzug.
Auch die Kärntner Professorin Kathrin Stainer-Hämmerle ist mit Filzmaier einig. Man habe bewusst tiefgestapelt. „Mattle kann nun fünf Jahre regieren. Er hat die Verhandlungshoheit und alle Optionen auf seiner Seite.“
Zumal die SPÖ, die in bundesweiten Umfragen weit voran liegt, in Tirol einen Dämpfer erhalten habe, sagen Filzmaier und Meinungsforscher Christoph Haselmayer vom Institut für Demoskopie und Datenerfassung (IFDD).
Die Experten sind der Meinung, dass einerseits die SPÖ mit ihrer bescheidenen Performance wenig Forderungen stellen könne (im Bund liegt Pamela Rendi-Wagner mit ihrer SPÖ weit voran; Dornauer wirkte geknickt nach dem Resultat für seine roten Tiroler). Andererseits werde der Ton im Bund rauer, glaubt Haselmayer. Mit dieser Ansicht ist er nicht alleine.
Die Bundesregierung kann durchatmen
Türkis-Grün unter Nehammer/Kogler dürfte jedenfalls bis 2024 halten. Analyst Peter Filzmaier: „Es besteht kein Grund nach der Tirol-Wahl für die Regierungsparteien, daran zu rütteln. Auch in Niederösterreich im kommenden Jahr wird man zwar Verluste hinnehmen, aber dennoch die Nummer 1 sein.“ Kanzler Karl Nehammer, der der niederösterreichischen ÖVP entstammt, dürfte also wie Tirols Anton Mattle im Sattel bleiben und ein Weilchen durchatmen können.
Interessante Entwicklung: Kathrin Stainer-Hämmerle glaubt, dass sich die Sehnsucht nach der alten, wenngleich langweiligen rot-schwarzen Einigkeit (Stichwort Faymann/Spindelegger) durchsetzen werde. Und zwar sowohl in Tirol als auch im Bund.
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