Altkanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist am Mittwoch auf die politische Bühne zurückgekehrt - wenngleich einigermaßen unfreiwillig. Er war als Auskunftsperson in den ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss geladen. Im Mittelpunkt standen neben viel Fraktions-Hickhack Fragen zu Postenbesetzungen, OMV, Signa und Siegfried Wolf. Viel Neues gab es dabei jedoch nicht zu hören - flankiert wurde der Befragungstag nämlich auch von einer Vielzahl an Debatten zur Geschäftsordnung. Da Kurz oft sehr ausschweifend antwortete, könnte er nun ein weiteres Mal geladen werden.
Noch bevor der Altkanzler seine einleitende Stellungnahme abgeben konnte, unterbrach ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger bereits mit einer ersten Wortmeldung zur Geschäftsordnung. Er pochte auf die Zulassung von Fragen nur dann, wenn sie vom Untersuchungsgegenstand gedeckt sind, und warf dem Verfahrensrichter vor, in der Vergangenheit in diesen Fragen zu lax gewesen zu sein.
Meist ausweichende Antworten
Anschließend lieferte Kurz oft durchaus ausführliche, meist aber ausweichende Antworten zu den Fragen von NEOS und SPÖ. Vereinzelt entschlug er sich auch aufgrund eines gegen ihn laufenden Strafverfahrens wegen falscher Beweisaussage bzw. im sogenannten Beinschab-Komplex - also der Affäre rund um Meinungsforscherin Sabine Beinschab und mutmaßlich von türkisen Ministerien mit öffentlichem Geld beauftragte Studien.
Obwohl die ÖVP sich zu fast jeder Frage zur Geschäftsordnung zu Wort meldete, wurden die Fragen fast durchgängig zugelassen. SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer zeigte sich genervt und verlangte einen Ordnungsruf für die Verzögerungsaktionen - allerdings vergeblich.
Ich bin bei vielen Vertragsabschlüssen am Foto dabeigestanden, ohne dass ich den Vertrag verhandelt oder den Inhalt der Verträge gekannt habe.
Kurz zu dem oft kritisierten Foto mit Wladimir Putin
Russland-Deals: „Ich war informiert“
Die NEOS versuchten in der Folge, die Rolle des Altkanzlers bei der Verlängerung des Gasliefervertrags zwischen OMV und Gazprom im Jahr 2018 zu thematisieren, bei der Kurz und Russlands Präsident Wladimir Putin anwesend waren. Der Ex-ÖVP-Chef räumte nur ein, hier im Vorfeld informiert gewesen zu sein. Er habe aber weder den Vertrag verhandelt, noch die Strategie in der OMV festgelegt.
Neu war für Kurz, dass es 2015 bei der Bestellung von Rainer Seele zum OMV-Chef laut einem Medienbericht Geheimdienstwarnungen gegeben haben soll. „Ich kenne das Mantra, dass ich an allem schuld sein muss“, aber 2015 sei er Außenminister gewesen und in diese Personalie nicht involviert gewesen. Im Übrigen sei Österreich schon in seinem Geburtsjahr 1986 fast zur Gänze von russischem Gas abhängig gewesen, merkte er an.
Verfahrensrichter mahnte wegen weitschweifender Antworten
Während sich Kurz zunächst eher spärlich äußerte, zeigte der Ex-Kanzler bei der Befragung durch ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger ein ganz anderes Gesicht: Fragen des Parteikollegen zu seinen Emotionen bei vergangenen richterlichen Befragungen beantwortete er statt kurz angebunden jetzt weitschweifig. Ohnehin würden sich alle Vorwürfe gegen ihn „in Schall und Rauch auflösen“, meinte er.
Die Befragungszeit verstrich währenddessen unbarmherzig. Schließlich reichte es Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl. „Ich würde bitten, die Beweisthemen ein bisschen mehr in den Vordergrund zu stellen“, mahnte er.
„Wüsst‘ nur gern schön langsam, wer das gemacht haben soll“
Während der Befragung durch die ÖVP nutzte Kurz die Möglichkeit, sich abfällig über das Einsetzungsverlangen zum ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss zu äußern. Der Untersuchungsgegenstand „liest sich für mich mehr als unterstellend“, beklagte der frühere Regierungschef.
Ich wüsst‘ nur gern schön langsam, wer das gemacht haben soll.
Sebastian Kurz drängt auf konkretere Vorwürfe
Bezüglich angeblicher Kickback-Zahlungen meinte er: „Ich wüsst‘ nur gern schön langsam, wer das gemacht haben soll.“ Bis jetzt kenne er keinen einzigen konkreten Vorwurf für solch eine „verwerfliche und auch strafrechtlich relevante Tat“.
Kurz erwartete „nichts Neues“
Schon bei seinem Eintreffen hatte Kurz klargemacht, dass er sich „nichts Neues erwartet“. In einem kurzen Statement vor Journalisten („Wir haben uns ja länger nicht mehr gesehen“) gab sich der von seinem Anwalt Werner Suppan begleitete Ex-Kanzler als Ausschussprofi: „Das ist heute nicht mein erster Untersuchungsausschuss.“ Er sei mittlerweile schon zum vierten Mal in einen solchen geladen. Insofern kenne er mittlerweile die Strategien der Fragesteller.
Auch zum gegen ihn laufenden Strafverfahren nahm Kurz Stellung: Mittlerweile seien dort zwei Dutzend Zeugen einvernommen worden, die für ihn Entlastendes ausgesagt hätten. „Am Ende des Tages“ erwarte er daher eine Einstellung des Verfahrens.
Muss Ex-Kanzler ein weiteres Mal erscheinen?
Nachdem die Netto-Befragungsdauer von vier Stunden überschritten wurde, beendete der Verfahrensrichter die Befragung. FPÖ-Mandatar Christian Hafenecker platzte dabei der Kragen, blieb doch keine Zeit für FPÖ und Grüne, ihre Fragen an Kurz zu stellen: Hafenecker stellte daher eine weitere Ladung von Kurz in Aussicht, damit auch die anderen Parteien noch zu Wort kommen können.
Hörl-Befragung erneut verschoben
Nach Kurz stellt sich Ex-VP-Generalsekretär Axel Melchior den Fragen der Abgeordneten. Die Befragung des ebenfalls geladenen Tiroler ÖVP-Abgeordneten und obersten Seilbahners Franz Hörl dürfte sich nicht mehr ausgehen.
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