1997 begann sukzessive der Umbau der steirischen Spitalsstruktur. Während Graz gestärkt wurde, dünnt man die ländlichen Regionen bis heute aus. Finanzieller Nutzen? Fraglich.
„Jedes Mal, wenn von einer möglichen Schließung oder Leistungseinschränkung in der Zeitung zu lesen ist, kündigen wieder ein paar Mitarbeiter“, weiß Peter Ruckenstuhl, Betriebsrat im LKH Bad Radkersburg, aus leidvoller Erfahrung. „Und davon war in den letzten Jahren oft die Rede“, ergänzt er. „Irgendwann heißt es dann, man hat kein Personal und muss zusperren.“
Diese Spirale nach unten ist - zum Leidwesen von Belegschaft und Bevölkerung - altbekannt. Statt ehrlich die Karten auf den Tisch zu legen, wird scheibchenweise abmontiert - und das mit teils konstruiert wirkenden Argumenten: „Am LKH Bad Aussee gab es einen Top-Knie-Operateur, aus der ganzen Steiermark sind die Patienten zu ihm gekommen. Bis es plötzlich hieß, er darf nur mehr eine begrenzte Anzahl an Operationen jährlich vornehmen, weil kein Geld mehr für Prothesen da wäre“, erzählt ein pensionierter Arzt aus der Region. „Später richtet die Kages dem Personal dann über die Medien aus, dass Fallzahlen und Qualität nicht stimmen würden.“
Ein Schicksal, das schon viele Häuser ereilt hat: von der Chirurgie in Mürzzuschlag über die Geburtenstation in Voitsberg bis zur Orthopädie in Bad Radkersburg, um deren Zukunft aktuell gezittert werden muss.
„Wir können nicht alles in jedem Haus anbieten“
Dass vielfach unbeeinflussbare Gründe unpopuläre Maßnahmen notwendig machen, betont Kages-Chef Gerhard Stark: „Die Spezialisierung in der Medizin schreitet rasch voran. Alleine deshalb können wir heute nicht mehr in jedem Haus alles anbieten.“ Spezialisierte Spitäler bräuchten wiederum größere Einzugsgebiete, damit die Auslastung stimmt. Zudem wäre die nachkommende Ärzte-Generation eine andere, die Arbeitszeitgesetzgebung hätte sich verändert, ländliche Regionen wären längst nicht mehr so gefragt.
Kosten-Nutzen-Rechnung mit großem Fragezeichen
Mit Stand 31. Dezember 2021 ist der Schuldenstand der Steiermark auf 5,086 Milliarden Euro angestiegen. Beim steirischen Spitalsbetreiber, der zu 100 Prozent im Eigentum des Landes steht, nachgefragt, was all diese Fusionsmaßnahmen nun letztendlich finanziell gebracht hätten, erhält man folgende Auskunft: Im Jahr 2017 entstanden der Kages Gesamtkosten von etwa 1,5 Milliarden Euro, 2020 waren es 1,7 Milliarden Euro. Der Anstieg sei dem „medizinischen Fortschritt, der eben etwas kostet, sowie den steigenden Lohnkosten“ geschuldet, heißt es aus dem Pressebüro. Ältere Vergleichszahlen werden gleich gar nicht angeführt.
Wegen der vernachlässigten Basisversorgung in der Peripherie rollt auf das Land noch eine weitere Kostenlawine zu: Die Zahl an Rettungsfahrten und Krankentransporten steigt von Jahr zu Jahr an - und auch die Rettungshubschrauber müssen immer öfter abheben.
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