„Krone“-Interview

„Problem der Klimaflüchtlinge wird größer werden“

Oberösterreich
30.09.2022 19:00

Mit ihren Rebel-Meat-Produkten will Cornelia Habacher den Fleischkonsum in der Gesellschaft senken. Sie spricht im „Krone“-Interview über Hemmungen, Verbote und der Verlockung, sich nur „sexy Problemen“ zu widmen.

Die Haustür ist offen. Im Stiegenhaus stehen Eimer und eine Leiter, es riecht nach Malerfarbe. In dem Haus in Wien, in dem Rebel Meat sein Büro hat, werden am Tag des „Krone“-Besuchs Renovierungsarbeiten durchgeführt. In einer leer stehenden Altbauwohnung im Erdgeschoß hat sich die Lebensmittelmarke eingerichtet. „Uns war wichtig, dass wir eine Küche haben – das macht die Produktentwicklung einfacher“, sagt Cornelia Habacher. Die Dietacherin gründete mit dem Wiener Philipp Stangl die Firma, die sich ganz der Reduktion des Fleischkonsums verschrieben hat. Ihre Produkte bestehen aus 50% Fleisch und 50% Gemüse.

„OÖ Krone“: Luftfahrt, Industrie, Autoverkehr, Landwirtschaft – wenn’s um die Frage geht, wer schuld am Klimawandel ist, schieben sich die Branchen den „schwarzen Peter“ zu. Und Sie wollen nun mit Rebel Meat das Klima retten?
Cornelia Habacher: Unsere Hauptmotivation ist es, den Fleischkonsum zu reduzieren. Zusätzlich ist uns aber auch ganz wichtig, die Qualität des Fleisches, das es im Handel und in der Gastronomie gibt, zu erhöhen. Indem mehr regionales Fleisch eingesetzt wird, werden auch die heimischen Produzenten unterstützt.

Warum ist es wichtig, den Fleischkonsum zu reduzieren?
Es geht sehr stark um die Ressourcen, die wir als Gesellschaft und auch als Bewohner dieses Planeten haben und die wir verwenden, um unsere Lebensmittel zu produzieren. Dieser Ressourcen-Einsatz muss sich einfach reduzieren. Wir haben nicht genug Land, wir haben nicht genug Wasser, wir haben zu viel CO2-Ausstoß in der Lebensmittelproduktion – das muss sich ändern, wenn wir nachhaltig und ressourcenschonend vorangehen wollen.

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Wir wollen nicht mit Verboten arbeiten, weil das die Leute rebellisch macht. Uns geht’s darum, den Fleischkonsum zu reduzieren und zugleich etwas besser zu machen.

Cornelia Habacher

Die Viehhaltung sorgt für Emissionen, wegen der Futtermittel kommt’s zu Rodungen: Ist der Fleischkonsum als Klimafaktor bei den Menschen tatsächlich schon angekommen?
Ich glaube, das rückt immer mehr ins Bewusstsein. Die Menschen haben aber Hemmungen oder sind unsicher, wie sie es genau angehen sollen und da wollen wir eben eine Lösung bieten.

Nachhaltigere Lebensmittel herzustellen ist das eine, aber was tun Sie privat?
Ich achte auf die Plastik- und Energiereduktion – und darauf, möglichst wenig Lebensmittel zu verschwenden. Es wird extrem viel angebaut, das dann irgendwo verloren geht, entweder beim Bauern selbst, im Supermarkt oder ein großer Teil beim Endkonsumenten. Ich esse auch selbst sehr wenig Fleisch. Es gibt viele Dinge, die einfach sind in der Umsetzung, aber es gibt immer noch viel, das auch ich verbessern kann.

Ihr Zugang?
Wir wollen nicht mit Verboten arbeiten, weil das die Leute eher rebellisch macht. Uns geht’s darum, den Fleischkonsum zu reduzieren und zugleich etwas besser zu machen.

 Sie wollen Ihre Zutaten verstärkt aus regenerativer Landwirtschaft bekommen. Was versteht man darunter?
Da wird darauf geachtet, dass man zum Beispiel den Boden nicht mehr umgräbt, wenn man etwas anbaut. Das Hauptproblem des Umpflügens ist ja, dass das CO2 wieder aus dem Boden rauskommt und die Mikroorganismen abgetötet werden. Die Idee ist auch, Tiere dort grasen zu lassen, wo Bäume stehen. Durch den Dünger, für den die Kühe sorgen, entsteht ein Kreislauf. Bio ist schon extrem gut, aber es ist trotzdem nicht perfekt. Man kann Systeme immer verbessern.

Das Thema Klimawandel ist aktuell überlagert durch die Teuerungen und Energiekrise. Bei Ihnen ist das anders.
Ich denke viel an die Klimaflüchtlinge. In Gebieten, in denen es sehr viele Dürren und Überschwemmungen gibt oder einfach keine Lebensmittel mehr angebaut werden können, werden Menschen gezwungen, dass sie woanders hinziehen oder ihr Land verlassen. Das wird in Zukunft ein noch viel größeres Problem. Die Probleme, die damit einhergehen, wie Kriege und die Integration neuer Menschen, hängen alle mit dem Klimawandel zusammen.

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Wir schauen, dass wir Dienstreisen mit dem Zug antreten – egal, ob Kopenhagen, Berlin oder Frankfurt. Außerdem verwenden wir Second-Hand-Computer.

Cornelia Habacher

Sie wirken nachdenklich.
Weil die Abkapselung der Menschen zunimmt, die nur auf sich schauen, damit sie genug Essen und Ressourcen haben, anstatt offen dafür zu sein, wie wir das Problem gemeinsam lösen, damit wir alle mehr Ressourcen zur Verfügung haben.

Was braucht’s da jetzt?
Mehr Firmen, die darauf setzen, klimapositiv zu agieren und nicht nur versuchen, den Schaden zu begrenzen, sondern aktiv den Planeten wieder aufzubauen.

Erkennen Sie hier schon eine Trendwende?
Die kleinen Player sind extrem wichtig als Innovationsgeber. Man muss aber sehr gut aufpassen, dass die Leute aus den großen Unternehmen mit viel Einfluss wirklich darauf achten, dass es nachhaltiger wird und dass das nicht ins Greenwashing reinrutscht. Ich denke, es passiert zu oft, dass Unternehmen sich eher Problemen annehmen, die sexy sind, wie zum Beispiel Plastikreduktion, aber nicht darauf schauen, wie viel Ressourcen sie tatsächlich brauchen, um Plastik zu recyceln.

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