Die Erholung der österreichischen Wirtschaft endet nicht zuletzt wegen des Ukraine-Kriegs abrupt. Die Konjunkturexperten vom Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) und vom Institut für Höhere Studien (IHS) erwarten für das heurige Jahr noch ein Bruttoinlandsprodukt-Plus von 4,7 bzw. 4,8 Prozent. Danach schaut es jedoch düster aus.
Der Ukraine-Krieg hat zu einem drastischen Anstieg der Energiepreise geführt. Aber auch die stark steigenden Rohstoffkosten haben die Inflation in die Höhe getrieben. Dies und die hohe Unsicherheit bremsen die Expansion der Weltwirtschaft. Daher erwarten die Konjunkturexperten nur noch ein geringes Wachstum bei relativ hoher Inflation. Das Wifo geht für das kommende Jahr 2023 von 0,2 Prozent Wirtschaftswachstum aus, das IHS von 0,3 Prozent.
Vieles hängt von Gasversorgung ab
Ein leichter Aufschwung ist laut IHS erst im Frühjahr 2023 zu erwarten - vorausgesetzt, die Gasversorgung kann aufrechterhalten werden. Der private Konsum sollte heuer mit einer Zunahme um 4,7 Prozent der Wachstumstreiber bleiben, prognostiziert das IHS. Das Wifo ist für das laufende Jahr vorsichtiger: Haushalte mit eingeschränkter Liquidität würden ihren Konsum reduzieren. Aufgrund der relativ hohen Inflation sei mit einer Zunahme der Zahl dieser Haushalte zu rechnen. Andererseits würden Haushalte, die keine Liquiditätsschwierigkeiten haben, mehr konsumieren. Schließlich sinke der bereits negative Realzinssatz durch die Inflation weiter, was den Konsum anrege. Das Wifo rechnet mit einer Zunahme der Konsumausgaben um 3,8 Prozent im laufenden Jahr und um ein Prozent 2023.
Inflation wird sich langsam abflachen
Allerdings werde sich die prognostizierte Abflachung der konjunkturellen Dynamik nur langsam auf die Preise auswirken, prognostiziert das Wifo. Daher erwartet das Institut einen Rückgang der Inflation auf 6,6 Prozent. Das IHS hat mit 6,8 Prozent Inflation für das nächste Jahr hingegen eine weniger optimistische Prognose. Die hohe Verbraucherpreisinflation wird den Wirtschaftsforschern zufolge vor allem 2023 zu höheren Lohnabschlüssen führen. Schließlich erwartet das IHS, dass die Bruttoreallöhne heuer um 4,2 Prozent sinken. Erst 2023 sei mit einem kleinen Plus zu rechnen.
Durchaus positiv sind nach wie vor die Arbeitslosenzahlen. Die Arbeitslosenquote dürfte aber im kommenden Jahr von etwa 6,4 Prozent auf 6,7 Prozent steigen, sind sich Wifo und IHS einig.
Heftige Kritik an der Regierung
Die Konjunkturprognosen führen zu heftiger Regierungskritik seitens SPÖ, FPÖ und NEOS: „Die Regierung muss ein Budget vorlegen, das die Preise massiv senkt, denn nur so können die Inflation und die drohende Stagnation bekämpft werden. Die Preise müssen runter, ansonsten fährt Österreich an die Wand!“, sagte SPÖ-Wirtschaftssprecher Christoph Matznetter und forderte einen Gaspreisdeckel.
FPÖ-Wirtschaftssprecher Erwin Angerer merkte an: „Derzeit befindet sich Österreichs Wirtschaft mit einem Höllentempo auf einer Talfahrt ohne absehbaren Schlussteil, weil die schwarz-grüne Regierung einfach den Zeitpunkt zum rechtzeitigen Eingreifen samt dringend notwendigem Gegenlenken vollkommen verschlafen hat, und dafür tragen sie die volle Verantwortung.“ Massiv kritisiert wurde die Einführung der CO2-Steuer.
NEOS-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker wiederum merkte an: „Der Abschwung lässt sich nicht mit Gutscheinen und Einmalzahlungen aufhalten, ÖVP und Grüne müssen endlich echte Reformen angehen. Das kommende Jahr wird ein Jahr der Stagflation und deswegen müssen wir sofort dafür sorgen, dass die Unternehmen möglichst produktiv bleiben können.“
Wirtschaftskammer: „Nur noch knapp über Nulllinie“
Die Wirtschaftskammer wiederum befürchtet, dass Österreich von der Stagflation in die Rezession schlittern könnte: „Wir liegen hier nur noch knapp über der Nulllinie. Die Abwärtsrisiken und geopolitischen Unsicherheitsfaktoren sind enorm, wir könnten allzu leicht in die Rezession abrutschen. Umso wichtiger ist es daher, den Unternehmen und der Wirtschaft als Ganzes Spielraum zu verschaffen“, betonte WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf.
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