Nachdem im Lockdown viele Kommunen Livestreams ihrer Gemeinderäte eingerichtet haben, drehen die ersten wieder ab. Oft überwiegen Kosten und Mehraufwand den Willen zu mehr Transparenz und Bürgernähe.
Wenig Zuseher, hohe Kosten: So begründet die regierende SPÖ in Bruck an der Mur derzeit, dass die Video-Übertragungen aus dem Gemeinderat eingestellt werden. Währenddessen machen immer mehr Kommunen die Sitzungen digital verfügbar. Graz, Bad Radkersburg, Gleisdorf, Trofaiach, Liezen, Mürzzuschlag und Hart bei Graz sind einige Kommunen, die sich dafür entschieden haben.
„Davor waren mal ein, mal zwei Zuschauer bei den Gemeinderatssitzungen dabei, jetzt haben wir 50 bis 70 Leute, die live zusehen, und 300, die das Video nachsehen“, erklärt Christoph Stark, Bürgermeister von Gleisdorf (ÖVP). „Technisch und finanziell ist das natürlich aufwändig, aber ich halte es für sinnvoll, weil es der Transparenz dient.“
Die meisten Zuseher hat man wohl in Graz, wo der ehemalige Bürgermeister Siegfried Nagl 2020 einen Livestream einrichten ließ. 1700 Leute haben die letzte Sitzung mitverfolgt.
Gesetzliche Stolpersteine säumen den Weg
Ganz leicht ist das Unterfangen dennoch nicht. „Seit 2019 gibt es laut der Gemeindeordnung die Möglichkeit, Sitzungen zu übertragen“, erklärt Manfred Kindermann, Leiter des Referats Gemeinderecht beim Land Steiermark. Einschränkungen bleiben aber. „Man darf immer nur den Redner sehen, nicht das Plenum, nicht Abstimmungen und vor allem nicht die Zuseher. Das hat mit dem Recht auf Schutz des eigenen Bildes zu tun.“ Danach darf das Video nur sieben Tage lang online abrufbar sein. „Das hat datenschutzrechtliche Gründe.“
In der Praxis bedeutet das für viele Kommunen Umstellungen. „Alle Redner müssten dann zum Pult und zurück gehen, die spontanen Wortmeldungen fallen weg“, erklärt Kurt Wallner, SPÖ-Bürgermeister von Leoben und Landesvorsitzender des steirischen Städtebundes. In Leoben hat man sich gegen Übertragungen entschieden. Das sei „nicht nötig“, sagt der Bürgermeister.
„Nur die Opposition will einen Live-Stream“
„Im Sinne der Transparenz wäre es zwar wichtig, in der Praxis ist es aber zu langatmig. Die Leute haben ja nicht stundenlang Zeit zum Zuschauen. Die Sitzungen dauern oft von 14 Uhr bis spät am Abend“, sagt Wallner. Außer von der Opposition werde er auch „nie auf diese Idee angesprochen“.
Einen anderen Weg geht man schon seit 12 Jahren im Landtag. „Wir freuen uns über viele Menschen, die Interesse an Landespolitik zeigen. Mit dem Angebot des Livestreams und des Archivs können wir diesen Zugang vereinfachen“, sagt Landtagspräsidentin Manuela Khom (ÖVP), die die Übertragungen live steuert. Die Mehrkosten, ist Khom überzeugt, zahlen sich da auch für die im Schnitt rund 200 Zuschauer aus.
Zu wenig transparent ist die derzeitige Situation in den Gemeinden den Neos. Deswegen fordern sie verpflichtende Übertragungen in allen Kommunen über 5000 Einwohner.
„Alle Steirer haben sich bürgernahe Heimatgemeinden verdient“, sagt Niko Swatek, der im Ausschuss bald den Antrag einbringen will.
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