Wegen der schwerwiegenden Korruptionsvorwürfe gegen die Volkspartei hat die SPÖ am Mittwochvormittag Kanzler Karl Nehammer ins Parlament zitiert. Sie forderte vom ÖVP-Chef in einem Dringlichen Antrag unter dem Titel „ÖVP-Korruption beenden statt aussitzen“ ein umfassendes Paket gegen Korruption. Nach scharfen Attacken von SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried, der Neuwahlen forderte, verteidigte Nehammer die Arbeit der Regierung.
Die Ereignisse der vergangenen Wochen hätten tatsächlich ein „miserables Bild“ der Politik abgegeben, so der Kanzler. Sollte es Korruption gegeben haben, so verurteile er das „auf das Schärfste“. Ob derartige Vorgänge passiert seien, könnten aber nur unabhängige Gerichte klären. „Ich spreche niemanden schuldig, ich bin kein Richter“, betonte er. Korruption habe in Österreich keinen Platz, „so bin ich nicht, so sind wir nicht“, sagte Nehammer.
„Regierung führt Krisen durch das Land“
SPÖ-Mandatar Leichtfried hatte zuvor den Regierungsparteien ÖVP und Grünen vorgeworfen, der aktuellen Teuerungskrise „nicht mehr handlungsfähig gegenüberzustehen“. Man sei zu sehr mit dem Kampf gegen Korruptionsvorwürfe beschäftigt. „Wir sind schon viel zu lange mit einer Regierung konfrontiert, die Krisen eher durch das Land führt, nicht das Land durch Krisen führt“, so Leichtfried. Er sehe neben Energie- und Inflationskrise in Österreich auch eine demokratiepolitische Krise, mitverursacht durch Schwarz-Grün.
Daher sei ein Neuwahlantrag gerechtfertigter denn je, erklärte Leichtfried. Er forderte die Grünen auf, beim Antrag für Neuwahlen mitzustimmen. „Tun Sie diesem Land nur einmal einen Gefallen. Machen Sie den Weg für Neuwahlen frei“, verlangte der rote Politiker. Auch FPÖ und NEOS wollen Neuwahlen.
In seiner Gegenrede sagte Kanzler Nehammer, dass diese Worte Leichtfrieds ihn nachdenklich gemacht hätten. Es gelte, die Demokratie zu verteidigen und die Sorgen der Bevölkerung ernst zu nehmen. Teuerung, Ukraine-Krieg und Migrationskrise seien aber „Auftrag und Verpflichtung, weiterzuregieren“, so der Regierungschef. Man arbeite an der Zukunft dieses Landes, „trotz Krise und Schlechtrederei“. Man sei für die Dauer der Legislaturperiode gewählt, unterstrich er und erteilte dem „Gutdünken der Opposition“ eine Absage. Für Änderungen der Antikorruptionsgesetzgebung zeigte er sich offen.
Kickl: „ÖVP nimmt sich moralisch nicht ernst“
FPÖ-Chef Herbert Kickl hielt dem Bundeskanzler daraufhin den Verhaltenskodex der FPÖ vor, laut dem es eine strenge moralische Selbstverpflichtung gebe, die über das Strafrecht hinausgehe. Angesichts der Korruptionsvorwürfe nehme sich die ÖVP aber „moralisch selbst nicht ernst“, so Kickl. Direkt griff er Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka an. Gegen ihn besteht der Verdacht, bei Steuerprüfungen interveniert zu haben. Er leitet am Mittwoch auch die Sondersitzung des Nationalrats. Ob Nehammer glaube, dass Sobotka angesichts der Vorwürfe diesem Anforderungsprofil gerecht werde, fragte Kickl.
Die Freiheitlichen fordern eine „Lex Sobotka“ und wollen am Mittwoch einen Antrag auf eine Verfassungsänderung einbringen, damit der Nationalrat seinen Präsidenten auch wieder abwählen kann. Der Antrag hat wenig Chancen auf Erfolg, genau wie der Misstrauensantrag gegen die gesamte Regierung, den die FPÖ vorbereitet hat.
Maurer: „Brauchen einen deutlichen Ruck“
Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer erklärte, der Eindruck, dass Reiche ihren Einfluss spielen lassen könnten, um Vorteile zu bekommen, sei „unerträglich“. Die Grünen würden solche Dinge ernst nehmen und hätten deswegen ein verschärftes Parteiengesetz auf den Weg gebracht. Maurer warf aber der FPÖ ihre eigenen Korruptionsskandale vor und übte auch Kritik an der SPÖ Wien wegen deren Inseratenvergabe sowie an den NEOS, die in der Bundeshauptstadt mitregieren. Der Wiener Bürgermeister und rot regierte Länder würden das Transparenzgesetz blockieren, warf ihnen Maurer vor. Diese bräuchten einen „deutlichen Ruck“. Die grüne Politikerin betonte, dass die Justiz unter Ministerin Alma Zadic (Grüne) unabhängig arbeiten könne, und verwies darauf, dass sie vor der Befragung von Thomas Schmid im U-Ausschuss nun das Höchstgericht eingeschaltet habe.
Nach Ansicht der SPÖ braucht es Sofortmaßnahmen „zur Stärkung von Transparenz, Aufklärung und Anstand“, wie die Sozialdemokraten in ihrem Dringlichen Antrag formulieren. Bisher seien alle Bemühungen dafür an der ÖVP gescheitert. Konkret fordert die SPÖ von der Regierung, Gesetzesvorschläge vorzulegen, mit denen unter anderem die Bestechung von Wahlkandidaten strafbar gemacht und Korruptionsstrafbestimmungen für Spitzenpolitiker verschärft werden. So sollen etwa Korruptionsdelikte nicht mehr so schnell verjährt sein. Außerdem sollen Postenbesetzungen im öffentlichen Bereich transparent gestaltet und ein unabhängiger Bundesstaatsanwalt installiert werden.
NEOS: „Antikorruptionspaket unterm Weihnachtsbaum“
Auch die NEOS wollen härtere Maßnahmen, mit denen Lücken im Kampf gegen Amtsmissbrauch geschlossen werden sollen. Sie setzen der Regierung eine „Deadline“ für die Umsetzung. Die von den NEOS geforderte Frist: Mitte Dezember, dann könne man den Menschen in Österreich „ein echtes Antikorruptionsgesetz unter den Weihnachtsbaum legen“, so der stellvertretende NEOS-Klubobmann Nikolaus Scherak. Mangels Mehrheit haben diese Anträge aber kaum Chancen auf Erfolg.
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