Rüge auf Twitter

Van der Bellen Richtung ÖVP: „Der falsche Weg“

Politik
14.11.2022 12:19

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat sich Montagmittag zum Thema Grundrechte geäußert. Richtung ÖVP - wo am Wochenende ein Sager des Klubchefs für Aufsehen sorgte - stellte Van der Bellen klar, dass es keine Probleme löse, die Menschenrechtskonvention infrage zu stellen. Im Gegenteil, das rüttle „an den Grundfesten, auf denen unsere Demokratie ruht.“ Auch von Grünen, SPÖ und NEOS gab es Kritik.

Van der Bellen nahm auf Twitter unter anderem Bezug auf den Zweiten Weltkrieg und die Shoah. Das Staatsoberhaupt kritisierte „vermeintlich einfache Lösungen“, die „der falsche Weg“ seien.

Die Tweets des Bundespräsidenten im Wortlaut

  • „Die Europäische Menschenrechtskonvention ist aus dem unendlichen Leid des 2. Weltkrieges und der Shoah entstanden. Sie ist eine große Errungenschaft der Menschlichkeit, ein Kompass der Humanität und gehört zum Grundkonsens unserer Republik.“
  • “Die Menschenrechtskonvention infrage zu stellen, löst keine Probleme, sondern rüttelt an den Grundfesten, auf denen unsere Demokratie ruht. Solche vermeintlich einfachen Lösungen sind der falsche Weg. Wir sollten achtsam mit unseren Werten umgehen.“ - Alexander Van der Bellen

ÖVP-Klubchef August Wöginger hatte am Samstag mit einem etwas kryptischen Sager zum Thema aufhorchen lassen. Der Tweet des Bundespräsidenten richtet sich nun offensichtlich an Wöginger bzw. die regierende Volkspartei.

„Wir haben mittlerweile eine andere Situation, als es vor ein paar Jahrzehnten der Fall war, als diese Gesetze geschrieben wurden“, meinte Wöginger in einem „Standard“-Interview und nannte dabei den Schutz der EU-Außengrenzen. Was genau nun an der Menschenrechtskonvention geändert werden solle, blieb er allerdings schuldig.

Zadić/Edtstadler: „Nicht verhandelbar“
Die Europäische Menschenrechtskonvention sei „nicht verhandelbar“, erklärte Justizministerin Alma Zadić (Grüne) am Rande einer Pressekonferenz Montagvormittag zur Reform des Verbotsgesetzes. Wortgleich drückte es Verfassungsministerin Karoline Edtstadler - eine Parteikollegin Wögingers - aus. Edtstadler interpretierte Wöginger so, dass dieser lediglich eine „europäische Verständigung im Asylbereich“ angepeilt habe.

ÖVP-Klubobmann August Wöginger und Bundeskanzler Karl Nehammer (Archivbild) (Bild: APA/Roland Schlager)
ÖVP-Klubobmann August Wöginger und Bundeskanzler Karl Nehammer (Archivbild)

Entsprechender Druck werde ja auch von Östereich aus auf EU-Ebene gemacht, betonte Edtstadler. Auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hatte zuletzt scharfe Kritik an der Asylpolitik der EU-Kommission geäußert und gefordert, dass man dort „in die Gänge kommt“.

SPÖ: „Neues Ausmaß an Ungeheuerlichkeit“
Die SPÖ kritisierte Wöginger scharf: „Dass die ÖVP jetzt mit ihrem Latein so am Ende ist, dass sie an den Menschenrechten rüttelt, ist ein neues Ausmaß an Ungeheuerlichkeit. Damit hat die ÖVP eine rote Linie überschritten“, meinte Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch. Es gebe vieles, was es in der Asylpolitik brauche, wie Verfahrenszentren an den EU-Außengrenzen und schnellere Verfahren, so Deutsch weiter: „Weniger Menschenrechte gehören mit Sicherheit nicht dazu.“

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger (Bild: Screenshot/Puls24)
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger

NEOS: „Blender der vergangenen Jahre“
Ein „Ablenken vom eigenen Versagen“ in der Migrationspolitik ortet NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger im Vorstoß Wögingers. Die „Blender“ der vergangenen Jahre müssten nun einsehen, dass die angeblich geschlossenen Migrationsrouten „offen stehen“. Nötig seien europäische Lösungen, diese habe die ÖVP aber jahrelang „torpediert“. Illegale Routen müssten geschlossen und legale Fluchtwege geöffnet werden.

Überhaupt stellt sich für die NEOS-Chefin die Frage, ob Wöginger bei seiner Ansage vielleicht Gesetze verwechselt und statt der Europäischen Menschenrechtskonvention eigentlich die Genfer Flüchtlingskonvention gemeint habe ...

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