Mächtige Gegenstimmen

Menschenrechte: Wöginger-Vorstoß spaltet die ÖVP

Politik
15.11.2022 19:20

Einige ÖVP-Granden wollen die Europäische Menschenrechtskonvention ändern. Es gibt aber auch mächtige Gegenstimmen in der Partei.

Eigentlich schien die Debatte über ein Update der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) beendet zu sein. ÖVP-Verfassungsministerin Karoline Edtstadler erteilte ihrem Parteikollegen August Wöginger mit seiner Forderung eine klare Abfuhr. Obendrauf gab es auch noch einen heftigen Rüffel von Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Die Kritik im Doppelpack sollte die ÖVP verstummen lassen.

Die Rechnung wurde von Edtstadler aber offenbar ohne die ÖVP-Landeshauptleute gemacht. Der Erste, der eine Lanze für Wöginger brach, war Steiermarks Landeshauptmann Christopher Drexler. „Mir geht es weniger um den Text der EMRK aus dem Jahr 1950. Aber die fortlaufende Weiterinterpretation durch den Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg kann man als ein sich verselbstständigendes Richterrecht sehen“, so Drexler in der „Kleinen Zeitung“.

Diese Problematik sieht auch ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker so. Im Gespräch mit der „Krone“ legt er nach: „Ich kann dem Argument von Drexler einiges abgewinnen. Denn momentan darf Österreich nicht einmal Dublin-Fälle nach Italien oder Ungarn abschieben, weil in diesen EU-Ländern kein faires Verfahren zu erwarten ist.“ Das sei, so Stocker, nicht mehr praktikabel. Ähnlich argumentiert eine Vielzahl an ÖVP-Granden, von Thomas Stelzer in Oberösterreich bis zu Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner.

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Menschenrechtsmaterien sind besonders sensibel, wir müssen behutsam mit ihnen umgehen. Aber wir brauchen eine Lösung für Wirtschaftsflüchtlinge.

Wilfried Haslauer, Salzburgs Landeschef

Haslauer und Wallner differenzieren 
Doch die Partei ist gespalten: Es existieren innerparteilich auch Stimmen, die die Edtstadler-Haltung unterstützen. Etwa Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer. Er betont zwar, dass es eine Lösung für die Wirtschaftsflüchtlinge benötige, aber eine Änderung des Asylrechts oder der EMRK lehnt er ab. Differenzierter sieht auch Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner die Debatte. Ein Veto legt der Vizepräsident des Europäischen Parlaments, Othmar Karas, ein: „Die EMRK ist eine humanistische Errungenschaft. Wer sie infrage stellt, sägt am Grundpfeiler unserer Demokratie.“

Kann die ÖVP mit dieser Debatte punkten, um das Asylthema nicht Herbert Kickl zu überlassen? „Das Wiedererstarken der FPÖ zu verhindern, wird damit nicht gelingen. Damit macht man das Thema nur noch größer“, kritisiert der Politikexperte Peter Plaikner.

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