Österreich steht mit seiner äußerst umstrittenen Entscheidung zum Veto gegen den Schengen-Beitritt Rumäniens und Bulgariens weiterhin recht allein auf weiter Flur. Hinzu kommt der Groll, den man sich in der Bevölkerung der betroffenen Länder zugezogen hat. Immer mehr Einwohner halten sich an die Boykottaufrufe österreichischer Firmen - und nun droht sogar eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof.
Die diplomatischen Beziehungen zu Rumänien scheinen mehr als angeknackst zu sein. Nachdem das Land etwa seinen Botschafter aus Österreich zurückgerufen hatte, wandte sich am Montag der rumänische Innenminister an Lucian Bode (Liberale Partei/PNL) in einem offenen Brief an Gerhard Karner (ÖVP) - er wirft ihm nichts Geringeres als Wortbruch in der Schengen-Frage vor.
Klage vor dem Europäischen Gerichtshof?
Die Blockade könnte zudem ein Nachspiel vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) haben. Der rumänische EU-Abgeordnete Eugen Tomac hat nämlich die Europäische Kommission aufgefordert, Österreich wegen des Vetos vor dem EU-Höchstgericht zu verklagen. Wie der Abgeordnete der Europäischen Volkspartei (EVP - der auch die ÖVP angehört) argumentiert, bleiben Rumänien durch die Blockade europäische Grundrechte verwehrt, konkret die Freizügigkeit seiner Bürger und die Warenfreizügigkeit.
Und auch im Land selbst herrscht immenser Groll wegen der Entscheidung - wie nun bekannt wurde, ist bereits am Freitag eine Filiale der Raiffeisen Bank in der Stadt Cluj mit dem Schriftzug „Nazibank“ beschmiert worden. Auf einer weiteren Filiale wurde ein Zettel, mit den Worten „Raus aus Rumänien“, versehen.
Umfrage: Mehrheit will offiziellen Boykott
Immer mehr Rumänen ziehen aus dem Streit auch persönliche Konsequenzen. So kündigte nun etwa auch der Nationale Gewerkschaftsbund der Lebensmittelindustrie an, seine Konten bei einer österreichischen Bank zu schließen - mitsamt der Empfehlung an all seine Mitglieder, das ebenso zu handhaben.
Und auch eine aktuelle Umfrage spiegelt den Ärger der Rumänen über die Politik Österreichs wider. Knapp 50 Prozent der Befragten gaben „Externe Faktoren“ als ausschlaggebend für das Veto an - und 56 Prozent waren dabei klar der Meinung, dass das Land „Maßnahmen gegen die wirtschaftlichen Interessen Österreichs“ ergreifen soll - dies schließt für 56 Prozent der Befragten auch einen Boykott staatlicher Einkäufe bei österreichischen Unternehmen ein.
Schallenberg versucht Schadenbegrenzung
Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) bemühte sich indes, die Wogen nach dem Schengen-Fiasko zu glätten. Wie das rumänische Außenministerium am Dienstag mitteilte, initiierte Schallenberg am Rande des EU-Außenministertreffens am Montag in Brüssel ein Gespräch mit seinem Bukarester Amtskollegen Bogdan Aurescu. Thema sei Österreichs Veto gegen den Schengenraum gewesen, hieß es vom rumänischen Außenministerium.
Aurescu habe dabei klargestellt, dass sein Land Österreichs Sorgen wegen der zunehmenden illegalen Migration zwar nachvollziehen könne. Der Schengen-Beitritt solle aber „nicht künstlich mit Problemen verquickt“ werden, die keineswegs zulasten Rumänien gingen, wie sämtliche Frontex- und Europol-Daten belegen.
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