Schockiert, erschüttert und erstaunt reagieren die drei Europa-Abgeordneten Oberösterreichs, Angelika Winzig (ÖVP), Hannes Heide (SPÖ) und Roman Haider (FPÖ), auf die Korruptionsaffäre in ihrem Parlament in Brüssel und Straßburg. Europaabgeordneter Haider meint, dass die mutmaßliche Bestechungsaffäre um EP-Vizepräsidentin Eva Kaili, eine Sozialdemokratin, nur die Spitze des Eisbergs sein könnte. Die „Krone“ hat den drei Mandataren einen kurzen Fragenkatalog geschickt, den alle drei umgehend beantworteten.
„Krone“: Mit welchen Emotionen verfolgen Sie die schrittweisen Enthüllungen?
Winzig: Natürlich bin ich erschüttert. Die Anschuldigungen wiegen schwer. Hier braucht es rasche Aufklärung und entsprechende Konsequenzen. Korruption hat in der Europäischen Union keinen Platz und schon gar nicht in den Institutionen.
Heide: Ich bin schockiert und enttäuscht. Ich habe vor drei Wochen noch ein Gespräch mit Eva Kaili über die Arbeit im Ausschuss über die Verwendung von Überwachungssoftware geführt. Sie war für fragwürdige Aussagen und eigenwillige Vorgangsweisen bekannt. Sie wäre von ihrer Partei deshalb auch nicht mehr für Wahlen aufgestellt worden. Aber Bestechlichkeit, Korruption in diesem Ausmaß und derart dreistes, allen unseren Werten widersprechendes Handeln hätte ich ihr allerdings nicht zugetraut. Als SPÖ-EU-Abgeordneter fordere ich auch von meiner Fraktion volle und schonungslose Aufklärung, eine interne Untersuchung wurde bereits angestoßen. Es darf keine Tabus und keine Zurückhaltung gegenüber gewissen Ländern oder politischen Fraktionen geben. Korruption und die dafür notwendige kriminelle Energie kennen aber keine geographische oder politische Herkunft, letztlich kommt es auf das Individuum an.
Haider: Ich bin doch sehr erstaunt, dass diese Enthüllungen vor allem die Europäischen Sozialisten betreffen, jene die mit dem Finger stets auf andere zeigten und die sich als moralische Instanz innerhalb der Korruptionsbekämpfung aufspielten. Zudem bin ich überrascht, wie die SPÖ versucht diesen Skandal innerhalb ihrer Parteienfamilie medial und auch öffentlich auszusitzen, nach dem Motto „Schert ja eh keinen, was unsere Genossen in Europa so treiben“. Ich hätte gerne eine Stellungnahme und konkrete Vorschläge von Seiten der österreichischen Sozialdemokratie, wie man solche unglaublichen Vorfälle, die sich innerhalb ihrer Parteienfamilie abgespielt haben, unterbindet und ob sie schon im Vorfeld wussten, was da eigentlich passiert.
„Krone“: Wie groß ist der Schaden für das EP und die Demokratie insgesamt?
Winzig: Der Skandal gibt natürlich kein gutes Bild ab, man muss aber festhalten, dass er sich derzeit auf einzelne Abgeordnete und Mitarbeiter konzentriert. Bei der Angelegenheit handelt es sich offensichtlich um menschliches Versagen, denn die Europäischen Institutionen haben sehr klare Transparenzregeln, die in diesem Fall missachtet wurden. Hier kam es zu einem Zusammenspiel von Abgeordneten, NGOs und Quatar
Heide: Das Selbstverständnis des EU-Parlaments baut auf einem starken Bekenntnis zu Rechtsstaatlichkeit und Transparenz. Deshalb ist der Schaden für die Demokratie und das Europäische Parlament immens, gerade in einer Zeit in der das Vertrauen der Menschen in politische Mandatare und vor allem in die europäischen Institutionen sinkt.
Haider: Meines Erachtens ist das erst die Spitze des Eisberges und dahingehend glaube ich sehr wohl, dass der Schaden enorm sein wird. Es ist ja auch noch nicht klar, ob es nur Katar ist oder hier noch andere Länder in Frage kommen und wie weit man hier weitere Abgeordnete oder Mitarbeiter geschmiert hat. Als Freiheitliche haben wir schon mehrmals auf die Problematik der Interessenvertreter bzw. der Lobbyisten hingewiesen, die die EU-Institutionen als ihre Spielwiese für ihre Interessen sehen. Zudem betrifft es ja nicht nur das Parlament. Fragwürdige Impfdeals der Kommissionspräsidentin, bei denen man nicht genau weiß, welche Rolle ihr Mann eingenommen hat, geistern schon seit Monaten herum, dass sich sogar die Europäische Staatsanwaltschaft eingeschaltet hat und ermittelt.
„Krone“: Wie kann das EP bzw. der/die einzelne Abgeordnete versuchen, das Vertrauen wieder herzustellen?
Winzig: Jeder Abgeordnete muss Treffen mit Lobbyisten und Verbänden in eine Transparenzdatenbank eintragen. Davon derzeit ausgenommen sind Treffen mit Menschen aus Drittstaaten. Dieses Schlupfloch muss als erster Schritt geschlossen werden. Es braucht Transparenz. Wir dürfen das Vertrauen der Menschen in die EU nicht schwächen und müssen jetzt umso mehr daran arbeiten diese Angelegenheit lückenlos aufzuklären.
Heide: Volle Aufklärung aller Vorwürfe und noch strengere Regeln in der Zukunft. Ich informiere transparent über die eigene Arbeit. Ich trage meine Treffen mit Vertretern von Unternehmen und Verbänden genauso wie mit Repräsentanten von Ländern und Regierungen in das öffentliche Transparenzregister ein. Letzteres ist bislang nicht verpflichtend. Die durchaus klaren Regeln für solche Treffen müssen allerdings erweitert und die Berichtspflicht verschärft werden.
Haider: Indem man nicht ständig den Bürgern Wasser predigt und selber Wein trinkt. Als Politiker und Volksvertreter hat man eine Vorbildfunktion einzunehmen und diese auch entsprechend zu erfüllen. Was mich an dieser konkreten Geschichte so schockiert, ist die Dreistigkeit dieser Abgeordneten. Sie glaubten, weil sie im ideologisch linken und daher „richtigen“ Fahrwasser mitschwimmen und sich groß das Stichwort „Menschenrechte“ auf die Fahnen hefteten, dass ihnen niemand auf die Schliche kommen wird.
„Krone“: Haben Sie persönlich Anstiftungsversuche zur Korruption bzw. zumindest zu fragwürdigem Lobbying bereits erlebt?
Winzig: Ich trage meine Treffen, die sich primär auf österreichische Vertreter beschränken, alle in die Transparenzdaten ein. Ominös wirkende Terminanfragen, und die gibt es durchaus, nehme ich bzw. mein Büro von vorne herein nicht wahr.
Heide: Nein, habe ich nicht.
Haider: Nein.
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