Die Abtreibungsdebatte startete emotional: Eine Plakataktion der Gegner führte zu einer Sitzungsunterbrechung, die SPÖ zeigte sich wütend über die Grünen. Die schwarz-rote Koalition will ein niederschwelliges, flächendeckendes Angebot: Ein Arzt für 170.000 Frauen sei zu wenig.
Unterversorgt ist Tirol, was die Möglichkeiten zum Schwangerschaftsabbruch betrifft: Ein Arzt betreut 170.000 Frauen im gebärfähigen Alter. Schätzungen zufolge nehmen 700 Patientinnen seine Dienste pro Jahr in Anspruch. 150 revidieren nach entsprechender Beratung ihre Entscheidung. Der Eingriff kostet zwischen 800 und 870 Euro. Viele Frauen flüchten in Nachbar-Bundesländer oder ins Ausland, wo Abtreibungen an öffentlichen Krankenanstalten möglich sind.
Grüne plötzlich in Offensive
Genau das plant die schwarz-rote Regierung auch in Tirol. Und erntet jede Menge Widerstand. Im Landtag trat am Donnerstag eine Gruppe Abtreibungsgegner mit Plakaten auf. LT-Präsidentin Sonja Ledl-Rossmann unterbrach kurz die Sitzung. Die Grünen, die knapp zehn Jahre in der Regierung waren, kritisierten, dass bei der „frauengerechten Gesundheitsversorgung Stillstand herrscht“ und forderten ein „niederschwelliges, flächendeckendes und kostenloses Angebot“ in Tirol.
Mit dem Kopf durch die Wand geht nicht. Die Wand ist das Patriarchat. Dieses kann aber die Weiterentwicklung der Frauenrechte nicht aufhalten.
SP-LR Eva Pawlata, zuständig für Soziales, Frauen und Inklusion
Landtags-Applaus für SPÖ-Fleischanderl
„Die niedrigsten Abtreibungsquoten haben jene Länder, die genau das haben“, sagte LA Zeliha Arslan (Grüne). FP-LA Gudrun Kofler kritisierte, dass die Grünen dieses Thema ausgerechnet zu Zeiten der Teuerung und vor Weihnachten in den Landtag bringen. Prinzipiell sind die Blauen aber an Bord, nur kostenlos solle das Abtreibungsangebot nicht sein. „Jahrelang haben sich die Grünen davor gedrückt, jetzt wollen sie plötzlich Verfechter sein“, kritisierte SP-Klubobfrau Elisabeth Fleischanderl – und erntete langen Applaus fast aller Fraktionen.
Tirol Kliniken sagen Nein
Die Tirol Kliniken seien die einzigen in Österreich, an denen keine Abbrüche möglich sind, sagte Liste-Fritz-LA Markus Sint. Hintergrund ist das Bundesgesetz zur Fristenregelung (1975). „Was gesetzlich geregelt ist, muss an öffentlichen Spitälern auch in Tirol umsetzbar sein“, so Sint.
„Das Nicht-Vorhandensein von Angeboten und das Kriminalisieren von Frauen führt nicht zu weniger Abbrüchen“, betonte Gesundheits-LR Cornelia Hagele. Sie will auch in Beratung investieren. An entsprechenden Angeboten in Kliniken werde schon gearbeitet, betonte sie.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.