Unstimmigkeiten in SPÖ

Doskozil mahnt: „Die Umfragen sollten wachrütteln“

Politik & Wirtschaft
22.12.2022 20:13

Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) spricht im „Krone“-Interview über die Asylproblematik, soziale Fragen und diverse innerparteiliche Differenzen innerhalb der Sozialdemokratie.

Das Burgenland wird erschüttert durch den gewaltsamen Tod eines 42-jährigen Familienvaters bei einer Schlägerei vor einer Disko in Schattendorf. Zwei junge Männer sind in U-Haft. Ein Verdächtiger ist ein 18-jähriger Syrer. Er war im Zuge der Flüchtlingskrise 2015 mit seinen Eltern nach Österreich gekommen. „Keiner kann ermessen, was das für die Kinder und die Frau bedeutet“, sagt Landeshauptmann Hans Peter Doskozil im Gespräch mit der „Krone“ in Bezug auf das Todesopfer.

Burgenland besonders von illegaler Migration betroffen
Doskozils fünfte Kehlkopf-Operation hat ihm die Schärfe nicht genommen. Der SPÖ-Politiker gilt als Vertreter einer klaren Asylpolitik. Das Burgenland ist besonders betroffen von illegaler Migration. Doskozil will die aufgeheizte Stimmung nicht befeuern.

Männliche Flüchtlinge interessieren sich auch für Staatsbürgerschaft und Sozialleistungen. (Bild: P. Huber)
Männliche Flüchtlinge interessieren sich auch für Staatsbürgerschaft und Sozialleistungen.

„Der Tote war Mitarbeiter einer Landestochter. Für einen verantwortungsvollen Politiker ist es am besten, man sagt nichts, bevor man etwas zu Emotionales oder Falsches sagt.“ Beim Thema bleibt der Landeshauptmann sachlich und hart: „Wir haben höhere Aufgriffszahlen als 2015. Hinzu kommen Versorgungsprobleme und Zelte. Die Situation ist dramatisch, wird nächstes Jahr wohl noch schlimmer.“

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Wir haben höhere Aufgriffszahlen als 2015. Hinzu kommen Versorgungsprobleme und Zelte. Die Situation ist dramatisch, wird nächstes Jahr wohl noch schlimmer.

Hans Peter Doskozil (SPÖ) zum Thema Asylkrise

„Das Veto ist ein PR-Gag“
Das Bild, das Europa abgebe, sei nicht angetan zur Eindämmung. „Du hast eine 90%ige Wahrscheinlichkeit, dass du bleiben kannst, auch wenn du negative Bescheide hast. Da können wir über Schengen reden was wir wollen.“ Doskozil fordert endlich Kontrollen an Außengrenzen. Verfahrenszentren Richtung Türkei. Hätte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) diese Forderung mit dem eingelegten Veto gegen die Erweiterung von Schengen um Rumänien und Bulgarien verbunden, „hätten wir applaudiert. Aber so ist das nur ein PR-Gag.“

Ein rumänischer Grenzpolizist (Symbolbild) (Bild: AP)
Ein rumänischer Grenzpolizist (Symbolbild)

Die Regierung hätte sich vorab strategische Partner suchen sollen. Jetzt wäre die Chance gewesen, die Ungarn wären dabei gewesen bei der Forderung nach Verfahrenszentren, ebenso die Rumänen und die Bulgaren, glaubt Doskozil. Bis vor Kurzem hätten die Spitzenbeamten noch der Schengen-Erweiterung um Bulgarien und Rumänien zugestimmt. Plötzlich war Kommunikationsprofi Gerald Fleischmann da (ehemaliger Vertrauter von Ex-Kanzler Sebastian Kurz, Anm.), schon sei alles anders. „Und plötzlich kommt das Veto.“

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Die Umfragen sollten aber wachrütteln. Wir müssen den Anspruch auf Platz 1 haben und nicht uns zurücklehnen und mit Platz 2 oder 3 zufrieden sein. Der Boden wäre für die Sozialdemokratie bereitet, etwa mit dem Thema Teuerung.

Hans Peter Doskozil

Als PR-Aktion sieht Doskozil auch die aktuelle Aktion des Innenministeriums mit dem Titel „Operation Fox“ - österreichische Polizisten und Polizistinnen im gemeinsamen Einsatz mit ungarischen Kolleginnen und Kollegen auf ungarischem Territorium. Damit will man Schlepperei und illegale Migration schon abseits der Grenzen Österreichs verhindern. Doskozil: „Diese Kooperationen gibt es schon länger. Das ist eine alte Braut in neuen Kleidern.“

„Operation Fox“: Ein Beamter bei einer Fahrzeugkontrolle in Klingenbach (Bild: APA/Georg Hochmuth)
„Operation Fox“: Ein Beamter bei einer Fahrzeugkontrolle in Klingenbach

SPÖ in Asylfrage uneinig
Der SPÖ wird in der Asylfrage Uneinigkeit vorgeworfen. „Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser und ich haben ein gemeinsames Positionspapier entwickelt. Das könnte man umsetzen. Aber ein Papier reicht nicht. Es müssen auch alle dahinterstehen.“ Es gehe um Vermittlung der Werte und Spracherwerb. Damit ist der Rote auf einer Linie mit den Schwarzen beziehungsweise Türkisen.

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Leider finden wir in der Partei in gewissen Bereichen nicht zu vereinheitlichen Linien, die es brauchen würde.

Hans Peter Doskozil

Die heiklen Umfragen
In Umfragen ist die SPÖ mit Pamela Rendi-Wagner an der Spitze hinter Herbert Kickls FPÖ gerutscht. Mit Spitzenkandidat Doskozil wären die Roten Nummer 1, ergeben ebenfalls Umfragen. Zudem preist Landesgeschäftsführer Roland Fürst in einem „Kurier“-Interview Doskozil als eines der größten sozialdemokratischen politischen Talente seit Bruno Kreisky. Fürst plädierte auch für eine Mitgliederabstimmung zur Frage der Spitzenposition.

Differenzen mit Rendi-Wagner
Doskozil sagt süffisant, Fürst sei ein guter Freund, deshalb habe er dies wohl gesagt. Wer die Partei in die nächsten Wahlen führen solle, sei sekundär, sagt der Landeshauptmann, den mit der Genossin Rendi-Wagner nicht unbedingt eine innige Freundschaft verbindet. „Die Umfragen sollten aber wachrütteln. Wir müssen den Anspruch auf Platz 1 haben und nicht uns zurücklehnen und mit Platz 2 oder 3 zufrieden sein. Der Boden wäre für die Sozialdemokratie bereitet, etwa mit dem Thema Teuerung.“

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (Bild: APAKrone KREATIV)
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil

Doskozil erhöht die Gagen im Burgenland im Landesdienst für alle um 300 Euro brutto. Für Mindestlöhne heißt das 2000 netto. „Das sind für diese Leute 20 Prozent mehr, für Topverdiener ein Prozent. Das nenne ich sozial gerecht.“

Doch Einigkeit ist in der SPÖ nicht vorhanden. Egal ob im Gehälterbereich oder Schenbeim Asylthema. Oder beim Schengen-Veto - Rendi-Wagner sprach sich dafür aus und wurde von Wiens Bürgermeister Michael Ludwig getadelt. Doch egal, ob Asyl, Veto, oder Löhne: „Leider finden wir in der Partei in gewissen Bereichen nicht zu vereinheitlichende Linien, die es brauchen würde“.

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