Seit Jahren wird daran getüftelt, seit Monaten am Feinschliff gewerkt - am Mittwoch enthüllte die Landesregierung nun das Geheimnis, wo Vorrangzonen für große Fotovoltaikanlagen auf der grünen Wiese geschaffen werden. Der Schwerpunkt liegt im Süden und Osten des Landes.
Selten gelingt es in der Politik, dass vertrauliche Unterlagen über Monate nicht an die Öffentlichkeit gespielt werden. In diesem Fall blieb tatsächlich der Deckel drauf.
Jahrelang wurde in der Landesregierung um die Ausweisung von Vorrangzonen für Fotovoltaik gerungen. In diesen Zonen gibt es quasi grünes Licht für große Anlagen jenseits der zehn Hektar. Aufgrund dieser Dimensionen bergen die Projekte vor Ort Konfliktpotenzial - heikel war daher der Weg, bis das sogenannte Sachprogramm Solarenergie tatsächlich das Licht der Welt erblickte.
Schwerpunkt im Süden und Osten
Im Vorjahr näherten sich die zuständigen Ressorts an, am Mittwoch wurde das Ergebnis präsentiert: Knapp 825 Hektar in 34 steirischen Gemeinden sollen als Vorrangzonen ausgewiesen werden. Der Schwerpunkt liegt dabei eindeutig auf dem Süden und Osten des Landes, insbesondere auf den Bezirken Hartberg-Fürstenfeld, Leibnitz und Südoststeiermark. Im Bad Radkersburger Ortsteil Dedenitz befindet sich mit mehr als 45 Hektar die größte Fläche.
Nach der Regierungsklausur im Herbst war noch von 39 Gemeinden und fast 1000 Hektar Fläche die Rede. Warum nun die Reduktion? „Wir haben alle Flächen eingehend etwa in Sachen Naturschutz und Landschaftsbild geprüft“, erklärt Umweltlandesrätin Ursula Lackner (SPÖ). Am Widerstand aus einigen Orten soll es also nicht gelegen sein.
Widerstand wird nicht erwartet
Generell erwartet Lackner keine Konflikte mit den Gemeinden. „Es hat überall Gespräche gegeben.“ So seien sämtliche Flächen, die zu nah an Siedlungsgebieten liegen oder zu einsichtig sind, aussortiert worden.
Mit diesem Programm geht die Steiermark einen mutigeren Weg als andere Bundesländer.
Umweltlandesrätin Ursula Lackner
Das bestätigt auf Nachfrage der Bürgermeister von Straß, Reinhold Höflechner: „Die zuständige Abteilung war da. Ihren ersten Vorschlag haben wir abgelehnt, gemeinsam wurden Alternativen gefunden.“ Widerstand aus der Bevölkerung erwartet Höflechner nicht, „aber auszuschließen ist das natürlich nie“.
Bauern stimmen Kompromiss zu
Etwas zähneknirschend verteidigte Agrarlandesrat Hans Seitinger am Mittwoch das Sachprogramm. „Meine vordringliche Aufgabe ist es, die Ernährungssicherheit auch in Zukunft sicherzustellen.“ Die Skepsis aus Agrar-Kreisen gegen große Sonnenstrom-Anlagen auf Wiesen und Äcker ist daher groß, nun spricht Seitinger von einem „herzeigbaren Kompromiss“. So seien künftig 99 Prozent der landwirtschaftlichen Vorrangzonen für die Fotovoltaik-Nutzung ausgeschlossen.
Ohne Freiflächen können Ziele nicht erreicht werden
Die Landesregiert betonten auch, dass nur etwa 40 Prozent des notwendigen Sonnenstrom-Ausbaus in der Steiermark über Dächer, Fassaden und bereits versiegelte bzw. belastete Flächen (Parkplätze, Deponien) erreicht werden kann. 60 Prozent müssen über Freiflächen abgedeckt werden. Für kleinere Anlagen sind die Gemeinden im Zuge der örtlichen Raumplanung zuständig, die Verordnung konzentriert sich auf große Anlagen mit mehr als zehn Hektar.
Was bedeutet Vorrangzonen?
Sie sind aus der örtlichen Raumplanung ausgenommen. Für Fotovoltaik-Anlagen ist daher kein eigenes (und langwieriges) Widmungsverfahren notwendig. Die restlichen Genehmigungsverfahren bleiben allerdings wie gehabt.
Haben Gemeinden bei Fotovoltaik nichts mehr mitzureden?
Doch, denn alle Anlagen, die kleiner als zehn Hektar sind, fallen laut Land weiterhin in die Zuständigkeit der Gemeinden und werden über die örtliche Raumplanung abgewickelt.
Wie werden landwirtschaftliche Flächen geschützt?
Alle Flächen der beiden höchsten Bodenkategorien wurden ausgeschlossen, bei den mittelwertigen Böden muss sich ein Einspeisepunkt in maximal fünf Kilometer Entfernung befinden.
Investoren sind in Startlöchern
Das Sachprogramm geht jetzt in eine achtwöchige Begutachtung und soll im zweiten Quartal beschlossen werden. Die ersten Projekte könnten noch heuer umgesetzt werden, die große Welle wird nächstes Jahr erwartet - die Investoren scharren ja schon in den Startlöchern und haben sich Optionsverträge auf Grundstücke gesichert.
„Bremser“ könnte zum einen die schwierige Verfügbarkeit der Materialien sein, zum anderen die nicht auf so viel Sonnenstrom ausgerichteten Stromnetze. Gerade in der Oststeiermark sind sie historisch bedingt (viel Landwirtschaft, wenig Industrie) schwach. Die Energie Steiermark will 1,5 Milliarden Euro in den Netzausbau stecken.
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