Unverdaut. Es ist natürlich viel leichter mit einem Wahlsieg umzugehen als mit einer Niederlage. Die Freiheitlichen, die nach Ibiza am Ende schienen und danach tatsächlich in der Wählergunst schwere Abstürze erlebten haben sich prächtig erholt - und können sich wieder prächtige „blaue Montage“ gönnen, einen entspannten freien Tag nach Wahlen. Sie genießen den Luxus, dass sich nun alle mit ihnen und ihrem Erfolgslauf beschäftigen, während sie sich selbst wieder einmal gar nicht zu hinterfragen brauchen. Das müssen hingegen die jahrzehntelang staatstragenden Parteien ÖVP und SPÖ nach ihren desaströsen Ergebnissen bei der niederösterreichischen Landtagswahl am Sonntag. Die ÖVP mit Landeshauptfrau Mikl-Leitner verlor zehn Prozentpunkte, ihre absolute Mehrheit im Landtag und erstmals seit Kriegsende ihre absolute Mehrheit in der (Proporz-)Landesregierung. Die Sozialdemokraten, die noch in den 80ern des vergangenen Jahrhunderts mit mehr als 40 Prozent bessere Ergebnisse in Niederösterreich erzielten als es die Volkspartei heute schafft, liegt jetzt gerade noch bei der Hälfte, muss froh sein, noch einen 2-er vor dem Ergebnis stehen zu haben. Beide (einstigen) Großparteien hätten also jeden Grund zur Nabelschau - nicht nur im Wahl-Land Niederösterreich, sondern in ganz Österreich. Doch Fehlersuche bei sich selbst? - Selbst nach der Demontage des gänzlich glückslosen roten Landeschefs Franz Schnabl weitgehend Fehlanzeige. Oder wie es Claus Pándi heute in seiner Kolumne schreibt: „Das Geschwurbel der Verlierer ÖVP und SPÖ am Tag nach den Landtagswahlen in Niederösterreich war am Rande der Erträglichkeit.“ Und auch der satirische „Herr Nimmerwurscht“ in der heutigen „Krone“ hat wohl nicht unrecht, wenn er meint: „Man weiß gar nicht, ob manche Wahlergebnisse oder manche positive Erklärungen von offensichtlichen Wahlniederlagen verstörender sind.“ Unverdaute Niederlagen - Grundstein für die nächsten Misserfolge.
Klar und satt. Man kann es auch so sehen wie „Krone“-Postler Michael Jeannée, der sich fragt, was denn in Niederösterreich groß passiert sei. Er meint, immerhin habe Johanna Mikl-Leitner „klar und satt gewonnen“, und der „Absturz, das Beben, das Desaster ist in ein paar Tagen Geschichte“. Hat auch etwas für sich. Tatsächlich scheint Johanna Mikl-Leitner einigermaßen fest im Sattel zu sitzen, nicht zuletzt auch, weil ihr möglicher parteiinterer Herausforderer, Landesrat und Bauernbund-Chef Stephan Pernkopf nicht nur in seiner Heimatgemeinde ein bitteres Minus von 15 Prozent einfuhr, sondern weil auch „seine“ Bauern im Waldviertel scharenweise zur FPÖ überliefen. Aufhorchen lässt aber Mikl-Leitner-Vorgänger Erwin Pröll. Der langjährige Landeshauptmann, in der Partei nach wie vor zumindest als Halb-Gott verehrt, ließ seiner Nachfolgerin ausrichten, dass sie zwar „viele Funktionen gut ausgefüllt“ habe, aber es schon etwas anderes sei, „eine Führungsfunktion auszufüllen“. Oha! Was ist da los, fragen sich jetzt nicht nur Partei-Insider. Da wird sich nicht doch etwas zusammenbrauen.
Kommen Sie gut durch den Dienstag!
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