Die Wellen des steirischen 525-Millionen-Euro-Stromdeals reichen bis nach Wien. Die „Krone“ bat zwei renommierte Wirtschaftsexperten um ihre Einschätzung, ob der Kauf der Energie-Steiermark-Anteile durch die öffentliche Hand sinnvoll ist.
„Eigentlich gab es angesichts der kurzen Frist keine wirklich andere Möglichkeit“, sieht Jan Kluge von der liberalen Denkfabrik Agenda Austria die nunmehrige Vollverstaatlichung pragmatisch. „Zu begrüßen ist aber jedenfalls, dass angekündigt wurde, einen strategischen Partner zu suchen, an den die Anteile wieder verkauft werden.“ Dieser müsse idealerweise ebenfalls im Bereich der erneuerbaren Energien tätig sein.
Begehrlichkeiten sind natürlich da. Mit einem Finanzinvestor, der auf Rendite aus ist, kann man sie besser abwehren.
Michael Böheim (Wifo-Institut)
Für Energiewende ist viel Kapital notwendig
Auch nach Ansicht von Michael Böheim vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) sollte ein Ausstieg so bald wie möglich erfolgen. Denn mit Energieunternehmen, die zu 100 Prozent im Besitz der öffentlichen Hand sind, hat man in Österreich keine guten Erfahrungen gemacht. „Begehrlichkeiten sind natürlich da. Mit einem Finanzinvestor, der auf Rendite aus ist, kann man sie besser abwehren.“ Auch Kluge glaubt, dass das Land im Notfall eher geneigt ist, auf Gewinne zu verzichten und Geld zuzuschießen.
„Als 100-Prozent-Eigentümer hat man auch 100 Prozent der Verantwortung und keine Ausreden mehr“, betont Böheim. Das Unternehmen muss voll auf erneuerbare Energien getrimmt werden. Dafür ist ein hoher Kapitaleinsatz notwendig, insbesondere für den Ausbau der Stromnetze. Von geplanten 1,5 Milliarden Euro an Investitionen ist in der Steiermark die Rede.
Preisnachlass verwundert
Verwundert zeigt sich der Wifo-Experte auch über den Kaufpreis, der 100 Millionen Euro unter jenen der Schätzgutachten liegt. Zudem gewährt der australische Finanzinvestor den Steirern einen Preisnachlass von 16 Millionen Euro vom Höchstgebot und schenkt ihnen auch die Dividende für das Jahr 2022. Das ist ungewöhnlich für einen Fonds, diese sind eigentlich sehr renditegetrieben.
Ob die Steiermark beim geplanten Weiterverkauf ein Geschäft macht, wird sich erst weisen. Aktuell werden die Energieunternehmen sehr positiv bewertet, das könne in einigen Jahren anders sein, so die Experten. Auch könne nicht dauerhaft davon ausgegangen werden, dass die Dividenden höher als die Zinsen sind.
Mischt Landtagswahl die Karten neu
Spannend wird es jedenfalls nach der Landtagswahl 2024. Denn wenn andere als Christopher Drexler und Anton Lang an die Regierungsspitze kämen, könnten die am Mittwoch verkündeten Absichten rasch in der Schublade verschwinden.
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