Die Zinzendorfgasse soll zur Begegnungszone werden. Das stößt den Anrainern seit Monaten sauer auf, denn Dutzende Parkplätze fallen weg. Kurz vor Baubeginn haben sie nun zur Demonstration aufgerufen.
Um kaum eine Gasse in der Landeshauptstadt herrschen aktuell so viele Diskussionen wie um die Zinzendorfgasse, die im Grazer Univiertel die Glacisstraße mit dem Sonnenfelsplatz verbindet. Hier krachen zwei Welten aufeinander: Für die einen ist die „Zinze“ mit ihren Lokalen der Mittelpunkt des studentischen Lebens. Für die anderen, vor allem für Hausbesitzer, ist sie Lebensraum bis ins hohe Alter. Und für Wirtschaftstreibende ist sie der Ort, an dem sie ihren Lebensunterhalt verdienen.
Nach jahrelangen Diskussionen wurde im Grazer Gemeinderat im Jänner mit einer Mehrheit der Koalition aus KPÖ, Grünen und SPÖ sowie Stimmen der ÖVP die „Zinzendorfgasse neu“ mit Begegnungszone beschlossen. Das bedeutet: bemalter Boden, Fußgänger dürfen die ganze Fahrbahn nutzen, Autofahrer dürfen diese nicht behindern und maximal 20 km/h fahren. Alle Verkehrsteilnehmer sind gleichberechtigt.
Rund 80 Demonstranten kamen
Im März noch sollen die Bauarbeiten beginnen. Die Bürgerinitiative Lebensraum Univiertel will das aber noch verhindern und hat zur Demo gerufen: „Stoppt den Parkplatzraub“ steht auf großen Bannern, mit denen Anrainer den Verkehr behindern.
Die Begegnungszone sei „bürgerfeindlich“, steht auf einem Info-Blatt, und ein „politisch motivierter Feldzug ohne Rücksicht auf die Bevölkerung“. Rund 50-60 Parkplätze würden in der Zinzendorfgasse wegfallen, dazu kommen um die 80, die beim Umbau der Vorklinik verschwinden werden. Man fürchtet, die Gasse könnte zur „reinen Partymeile“ werden.
Besonders beklagt wird auch, dass die Bürger nicht eingebunden wurden. „Es gab zwar im Café Parks eine Veranstaltung, aber da durften wir nur mit Post-its unsere Sorgen auf eine Wand hängen - und danach haben wir nie wieder was davon gehört“, sagt etwa Anwohner Franz Steiner. Auch Gudrun Ritter fürchtet persönliche Nachteile: „Ich kann meine Wohnungen nicht vermieten. Die Leute haben Kinder, sie müssen ihre Autos irgendwo parken.“
„Magnet für Touristen“
Anders sieht das mittlerweile Fleischer Josef Mosshammer, eine Institution in der „Zinze“, der nicht zur Demo kam. Vor seinem Geschäft wird es eine Haltezone geben. „Das war wichtig, weil vor allem am Ende der Woche viele Kunden von weiter her zu uns kommen“, sagt er. „Die Zukunft wird zeigen, ob das Konzept funktioniert. Wenn die Gasse schön ist, kann sie aber sicher zu einem Magnet auch für Touristen werden.“
Vor Ort nutzen Vertreter der ÖVP und des Korruptionsfreien Gemeinderatsklubs (ehemals FPÖ) die Chance, gegen die Koalition Stimmung zu machen. „Ich bin für eine Verkehrsberuhigung“, sagt ÖVP-Stadtrat Kurt Hohensinner. „Aber Ersatzparkflächen waren vereinbart. Darauf achtet Judith Schwentner nicht.“ Claudia Schönbacher sieht in dem Projekt eine „Politik des Drüberfahrens“.
Baustart „in nächster Zeit“
Die für Verkehr verantwortliche Grünen-Vizebürgermeisterin, Judith Schwentner, kam wie erwartet nicht zu der Demo. Die Bauarbeiten beginnen „in nächster Zeit“, hieß es aus ihrem Büro, sie sei erst vergangene Woche vor Ort gewesen und habe mit Anrainern gesprochen. Außerdem soll es in Zukunft noch weitere Möglichkeiten der Beteiligung geben.
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