Für mehr Toleranz

Samantha Gold: Steirische Dragqueen macht Schule

Land & Leute
05.03.2023 11:00

Eine Dragqueen sorgt mit ihrem Aussehen immer für Aufsehen. Doch Bernd Heinrich alias Samantha Gold will nicht nur als Paradiesvogel wahrgenommen werden. Als Botschafterin für Toleranz und Respekt kommt die schrille Figur zum Aufklärungsunterricht an Schulen.

Es sind zwei Welten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. In den letzten sieben Jahren hat sich Bernd Heinrich als Dragqueen Samantha Gold in Hamburg feiern lassen. Ob auf der Showbühne von Olivia Jones oder in schrillen TV-Formaten mit Heidi Klum - die selbst ernannte Sissi der Steiermark punktet mit Glamour, Pomp und Party.

Elf Katzen und eine LKW-Ladung an pompösen Outfits
Großes Heimweh hat den gebürtigen Oststeirer mit Ehemann Johannes nun wieder in die Heimat zurückgebracht. Das Paar lebt seit kurzem mit elf Katzen und einer LKW-Ladung an pompösen Outfits in einem biederen Mietshaus im südoststeirischen Gossendorf. Der Wunsch nach Entschleunigung hat zur Rückkehr in die Landidylle bewogen. „Ich habe meine Heimat vermisst, wir haben genug von der Großstadt“, beteuert der Heimkehrer, der sich behutsam in seine neue Umgebung vortastet.

„Mir ist es wichtig, die Steiermark bunter zu machen.“ Ein Spagat zwischen glitzerndem Nachtleben und normalem Alltag. Bernd lacht: „Es wird noch ein bisserl dauern, bis ich als Dragqueen zum Greißler im Dorf einkaufen gehe.“

Samantha und Johannes (Bild: zVg.)
Samantha und Johannes

Bernd ist eher scheu und leise, in der Maskerade als Samantha ist er selbstbewusst und unübersehbar laut. Dieses zweite „Ich“ hat übrigens der Großvater entdeckt. „Bei einer Mottoparty haben ich mich als Frau verkleidet und vom Opa Komplimente bekommen, wie gut ich aussähe. Das hat mir den Kick gegeben, eine andere Persönlichkeit anzunehmen, und das genieße ich in vollen Zügen.“

Mit der Wahl zur „Miss Tuntenball 2015“ kam der Durchbruch und die Bestätigung, die Rolle seines Lebens gefunden zu haben, die nun auch zum Beruf geworden ist. „Auf den Behörden tun sie sich noch schwer, wenn ich Dragqueen als Berufsbezeichnung angebe.“

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Auf den Behörden tun sie sich noch schwer, wenn ich Dragqueen als Berufsbezeichnung angebe.

Bernd Heinrich

Kunstfigur: „Ich will keine Frau sein“
In pompösen Kleidern, glamourösen Röcken und betörenden Korsagen perfektioniert Bernd seine Kunstfigur Samantha Gold. Der Name verrucht und sexy, die Figur nicht schlank, mit Dellen und Wellen. An die fünf Stunden dauert die Metamorphose, um aus Bernd die grelle Erscheinung Samantha werden zu lassen, die von Frauen um das perfekte Make-up und Grandezza beneidet wird. „Ich möchte keine Frau sein, und ich fühle mich auch nicht so. Ich liebe einfach Kleider und schlüpfe für ein paar Stunden in die Rolle der Samantha Gold, die für Aufsehen sorgt“.

In Natura: Bernd Heinrich mit Ehemann Johannes (Bild: zVg.)
In Natura: Bernd Heinrich mit Ehemann Johannes

Die Triebfeder dafür liegt irgendwo zwischen Rebellion, Geltungsdrang und politischem Statement. Denn die Dragqueen will auch Botschafterin für mehr Toleranz und Respekt sein. Das Lebensmotto „lebe einzigartig“ macht Mut, zu tun und zu sein, was immer man will. Sie stellt sich als Aktivistin klar gegen Body Shaming und Mobbing.

Bernd weiß aus der eigenen Lebensgeschichte, wie es ist, als übergewichtiges Kind verspottet zu werden, sich für das eigene Aussehen zu schämen und darunter zu leiden. Dann auch noch das Eingeständnis, homosexuell zu sein. Die Angst vor dem Outing und Ablehnung.

Samantha Gold wirbt in der Schule für mehr Offenheit und Toleranz (Bild: Mittelschule Markt Hartmannsdorf)
Samantha Gold wirbt in der Schule für mehr Offenheit und Toleranz

Aufklärung an den Schulen
Ausgrenzung, Diskriminierung, Mobbing - das sind auch Themen der Alltagswelt vieler Jugendlicher, die Bernd ganz bewusst als Dragqueen erreichen möchte. „Ich gehe gemeinsam mit meinem Ehemann in die Schulen, erzähle meine Lebensgeschichte und zeige aus unterschiedlichen Blickwinkeln auf, wieso Respekt so wichtig ist.“

Diese nicht alltäglichen Schulstunden hat die illustre Dragqueen an der Heimatschule in Markt Hartmannsdorf absolviert. „Ich war nervös, weil ich nicht abschätzen konnte, wie Schüler reagieren und ob von irgendeiner Seite etwas Negatives kommt.“ Doch statt Shitstorm gab es Beifall im Klassenzimmer für Samantha, die weiter Schule machen möchte - für Diversität und ein buntes Leben ohne Hass und Vorteile.

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